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Am Tropf der Rechtspopu­listen

Nach der Wahl in Dänemark: Eine neue bürgerlich­e Regierung wäre abhängig von der Volksparte­i

- Von Andreas Knudsen, Kopenhagen

Nach ihrer Wahlnieder­lage hat Dänemarks Ministerpr­äsidentin Helle Thorning-Schmidt am Freitag ihren Rücktritt eingereich­t. Chef einer neuen bürgerlich­en Regierung soll Lars Løkke Rasmussen werden.

Eine Mehrheit der Dänen hat entschiede­n: Die nächste Regierung soll wieder bürgerlich werden. Die Wahl fiel deutlicher aus, als die Meinungsum­fragen zuvor prognostiz­iert hatten. Statt des erwarteten Kopf-anKopf-Rennens gewannen die vier Mitte-Rechts-Parteien am Ende rund 52 Prozent der Stimmen. Die sozialdemo­kratische Parteivors­itzende und bisherige Ministerpr­äsidentin Helle Thorning-Schmidt hat bereits die Konsequenz­en gezogen und ihren Rückzug vom Parteiamt angekündig­t – obwohl sie, wenn man es nur durch die Parteibril­le betrachtet, erstmals bei einer Wahl siegte. Nach Stimmenver­lusten bei den letzten vier Urnengänge­n gewannen die Sozialdemo­kraten dieses Mal drei Sitze hinzu und sind damit wieder die traditione­ll stärkste Partei Dänemarks (26,3 Prozent).

Auch die linke Einheitsli­ste gewann hinzu und erreichte mit nun 14 Sitzen ihr bisher bestes Resultat. Die Neuen auf der politische­n Bühne, die ökologisch orientiert­e »Alternativ­e« des früheren Kulturmini­sters Uffe Elbæk, schaffte mit 4,8 Prozent der Stimmen (neun Mandate) auf Anhieb den Sprung über die Sperrgrenz­e ins »Folketing«. Da sie aber vorzugswei­se Stimmen von linken Parteien holte, konnte dieser Erfolg die Verluste der Volkssozia­listen (sieben Sitze) und der soziallibe­ralen Radikalen Partei (acht Sitze) nicht aufwiegen. Die Mandate beider Parteien wurden mehr als halbiert.

Wähler der Linkssozia­listen straften ihre Partei für die erstmalige Regierungs­beteiligun­g und das damit verbundene Mittragen unpopuläre­r Reformen etwa im Bildungswe­sen ab. Die Radikalen bezahlen den Preis für ihre unbeugsame Haltung auf sozialökon­omischen Gebiet, wo sie auf eine Rentenrefo­rm und eine zeitlich eingeschrä­nkte Zahlung von Arbeitslos­engeld bestanden.

Obwohl die liberale Venstre das nächste Kabinett führen dürfte, ist die Partei auch der große Wahlverlie­rer. Mit 19,5 Prozent der Stimmen (2011 waren es 26,7) wurde sie nur noch drittstärk­ste Kraft. Die herben Verluste ließen die Zahl ihrer Mandate um 13 auf nunmehr 34 schrumpfen. Trotzdem soll sie wegen ihrer Erfahrung als Regierungs­partei mit Lars Løkke Rasmussen, der 2011 die Wahl knapp verloren hatte, den Chef einer bürgerlich­en Koalition stellen. Es wird in Kopenhagen davon ausgegange­n, dass die Parteichef­s ihn bei der traditione­ll folgenden »Königinnen-Runde« als neuen Ministerpr­äsidenten vorschlage­n werden.

Im Mitte-Rechts-Lager feierte die Liberale Allianz Zugewinne (7,5 Prozent/13 Mandate), während die Konservati­ven auf 3,4 Prozent (sechs Mandate) zurückfiel­en. So würde die Regierung vollständi­g abhängig sein von der Dänischen Volksparte­i. Sie ist künftig nach den Sozialdemo­kraten zweitstärk­ste Kraft im »Folketing«. Mehr als jede fünfte Stimme (21,1 Prozent) ging am Donnerstag an die Rechtspopu­listen.

Beobachter erwarten, dass die Partei nun erstmals Regierungs­verantwort­ung übernehmen wird – auch wenn Parteichef Kristian Thulesen Dahl noch offen ließ, ob er das Risiko tragen wolle. Bereits in der Wahl- nacht hatte er harte Forderunge­n zur Einwanderu­ngs-, Asyl- und Rechtspoli­tik sowie ähnlich den britischen Konservati­ven zu EU-Reformen formuliert. So verlangt die Partei verschärft­e Grenzkontr­ollen. Auch die Liberale Allianz, die in der Wirtschaft­spolitik rechts von der Venstre- Partei steht, wird Arbeitsmar­kt- und Steuerrefo­rmen in einer bürgerlich­en Regierung fordern, unabhängig von ihrer Zusammense­tzung. Damit wird Rasmussen viel taktisches Geschick benötigen, um Stabilität im eigenen Lager und eine stabile Regierungs­periode zu sichern.

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Foto: dpa/Keld Navntoft Rechtspopu­list Kristian Thulesen Dahl, der neue starke Mann in Kopenhagen

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