Am Tropf der Rechtspopulisten
Nach der Wahl in Dänemark: Eine neue bürgerliche Regierung wäre abhängig von der Volkspartei
Nach ihrer Wahlniederlage hat Dänemarks Ministerpräsidentin Helle Thorning-Schmidt am Freitag ihren Rücktritt eingereicht. Chef einer neuen bürgerlichen Regierung soll Lars Løkke Rasmussen werden.
Eine Mehrheit der Dänen hat entschieden: Die nächste Regierung soll wieder bürgerlich werden. Die Wahl fiel deutlicher aus, als die Meinungsumfragen zuvor prognostiziert hatten. Statt des erwarteten Kopf-anKopf-Rennens gewannen die vier Mitte-Rechts-Parteien am Ende rund 52 Prozent der Stimmen. Die sozialdemokratische Parteivorsitzende und bisherige Ministerpräsidentin Helle Thorning-Schmidt hat bereits die Konsequenzen gezogen und ihren Rückzug vom Parteiamt angekündigt – obwohl sie, wenn man es nur durch die Parteibrille betrachtet, erstmals bei einer Wahl siegte. Nach Stimmenverlusten bei den letzten vier Urnengängen gewannen die Sozialdemokraten dieses Mal drei Sitze hinzu und sind damit wieder die traditionell stärkste Partei Dänemarks (26,3 Prozent).
Auch die linke Einheitsliste gewann hinzu und erreichte mit nun 14 Sitzen ihr bisher bestes Resultat. Die Neuen auf der politischen Bühne, die ökologisch orientierte »Alternative« des früheren Kulturministers Uffe Elbæk, schaffte mit 4,8 Prozent der Stimmen (neun Mandate) auf Anhieb den Sprung über die Sperrgrenze ins »Folketing«. Da sie aber vorzugsweise Stimmen von linken Parteien holte, konnte dieser Erfolg die Verluste der Volkssozialisten (sieben Sitze) und der sozialliberalen Radikalen Partei (acht Sitze) nicht aufwiegen. Die Mandate beider Parteien wurden mehr als halbiert.
Wähler der Linkssozialisten straften ihre Partei für die erstmalige Regierungsbeteiligung und das damit verbundene Mittragen unpopulärer Reformen etwa im Bildungswesen ab. Die Radikalen bezahlen den Preis für ihre unbeugsame Haltung auf sozialökonomischen Gebiet, wo sie auf eine Rentenreform und eine zeitlich eingeschränkte Zahlung von Arbeitslosengeld bestanden.
Obwohl die liberale Venstre das nächste Kabinett führen dürfte, ist die Partei auch der große Wahlverlierer. Mit 19,5 Prozent der Stimmen (2011 waren es 26,7) wurde sie nur noch drittstärkste Kraft. Die herben Verluste ließen die Zahl ihrer Mandate um 13 auf nunmehr 34 schrumpfen. Trotzdem soll sie wegen ihrer Erfahrung als Regierungspartei mit Lars Løkke Rasmussen, der 2011 die Wahl knapp verloren hatte, den Chef einer bürgerlichen Koalition stellen. Es wird in Kopenhagen davon ausgegangen, dass die Parteichefs ihn bei der traditionell folgenden »Königinnen-Runde« als neuen Ministerpräsidenten vorschlagen werden.
Im Mitte-Rechts-Lager feierte die Liberale Allianz Zugewinne (7,5 Prozent/13 Mandate), während die Konservativen auf 3,4 Prozent (sechs Mandate) zurückfielen. So würde die Regierung vollständig abhängig sein von der Dänischen Volkspartei. Sie ist künftig nach den Sozialdemokraten zweitstärkste Kraft im »Folketing«. Mehr als jede fünfte Stimme (21,1 Prozent) ging am Donnerstag an die Rechtspopulisten.
Beobachter erwarten, dass die Partei nun erstmals Regierungsverantwortung übernehmen wird – auch wenn Parteichef Kristian Thulesen Dahl noch offen ließ, ob er das Risiko tragen wolle. Bereits in der Wahl- nacht hatte er harte Forderungen zur Einwanderungs-, Asyl- und Rechtspolitik sowie ähnlich den britischen Konservativen zu EU-Reformen formuliert. So verlangt die Partei verschärfte Grenzkontrollen. Auch die Liberale Allianz, die in der Wirtschaftspolitik rechts von der Venstre- Partei steht, wird Arbeitsmarkt- und Steuerreformen in einer bürgerlichen Regierung fordern, unabhängig von ihrer Zusammensetzung. Damit wird Rasmussen viel taktisches Geschick benötigen, um Stabilität im eigenen Lager und eine stabile Regierungsperiode zu sichern.