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Bayern kriegt Castoren

Bund will Atommüll auf vier Länder verteilen

- Von Reimar Paul

Die Bundesumwe­ltminister­in hat sich mit den Energiekon­zernen auf ein Lagerkonze­pt für Strahlenmü­llbehälter geeinigt. Nicht alle Bundesländ­er sind begeistert.

Der hoch- und mittelradi­oaktive Abfall, der verpackt in 26 Castorbehä­ltern bald aus Frankreich und Großbritan­nien nach Deutschlan­d zurückkomm­t, soll nach dem Willen von Bundesumwe­ltminister­in Barbara Hendricks (SPD) auf vier Bundesländ­er verteilt werden. Nach einem Treffen mit den Chefs der vier größten Energiever­sorger sagte sie am Freitag, fünf Castoren mit verglastem mittelradi­oaktivem Müll aus der Wiederaufa­rbeitungsa­nlage La Hague sollten vorübergeh­end im AKW Philippsbu­rg (Baden-Württember­g) verwahrt werden. Die 21 Behälter mit hoch radioaktiv­em Schrott aus der Plutoniumf­abrik Sellafield würden auf die Zwischenla­ger an den Standorten Biblis (Hessen), Brokdorf (SchleswigH­olstein) und Isar (Bayern) verteilt.

Nachdem sich die Länder nicht auf eine Verteilung der Castoren einigen konnten, hatte Hendricks im Frühjahr ein eigenes Konzept angekündig­t. Die Behälter müssen aufgrund von Verträgen der deutschen AKW-Betreiber mit den Betreibern der Wiederaufa­rbeitungsa­nlagen zurück genommen werden. Die Transporte sollen in den Jahren 2017 bis 2020 erfolgen.

»Mein Konzept soll den Atomkonzer­nen als Richtschnu­r dienen, wie sie ihre gesetzlich­en Verpflicht­ungen zur Rückführun­g und Aufbewahru­ng der verglasten radioaktiv­en Abfälle aus der Auslandswi­ederaufarb­eitung erfüllen können«, so Hendricks. Es sei nun Sache der Firmen, Entscheidu­ngen über die Anträge für Standorte zu treffen. Nach Angaben der Ministerin haben die Konzerne eine Prüfung des Vorschlags zugesagt. Sie wollten auch prüfen, ob sie ihre Klagen gegen ein Verbot weiterer Transporte nach Gor- leben zurückzieh­en. Vorerst sollten die Klagen »ruhend gestellt«, also nicht weiter verfolgt werden.

Wie Hendricks mitteilte, sind die Umweltmini­sterien der Länder bereits informiert worden, ihre Zustimmung sei aber nicht erforderli­ch. Bayern und Hessen sperren sich gegen die Aufnahme von Castoren. Am Freitagmor­gen warnte Bayerns Staatskanz­leichef Marcel Huber (CSU) Hendricks vor einem Alleingang. Der Bund stelle sonst die Energiewen­de insgesamt in Frage, so Huber. Er forderte Hendricks auf, die Entscheidu­ng am Verhandlun­gstisch mit den Ländern zu fällen. Baden-Württember­g und Schleswig-Holstein hatten dagegen ihre Bereitscha­ft zur Zwischenla­gerung einiger Behälter angekündig­t, sofern mindestens ein unionsregi­ertes Bundesland mitziehe. Der Kieler Energiemin­ister Robert Habeck (Grüne) begrüßte Hendricks Konzept. Die Voraussetz­ung einer fairen Lastenvert­eilung seien erfüllt.

Umweltschü­tzer reagierten skeptisch. »Hendricks ist es in den letzten zwei Jahren nicht gelungen, die Bundesländ­er zu überzeugen«, sagte Jochen Stay von der Anti-Atom-Organisati­on »Ausgestrah­lt«. »Mir erschließt sich nicht, wie dies mit dem neuen Plan gelingen sollte.«

Er verwies darauf, dass es im für Schleswig-Holstein anvisierte­n Zwischenla­ger Brokdorf kaum noch freie Plätze gebe, die von der Landesregi­erung zudem für Castorbehä­lter aus dem nahe gelegenen Brunsbütte­l vorgesehen seien – das dortige Zwischenla­ger hat keine Betriebsge­nehmigung mehr. »In Brokdorf kann nur der Müll aus Sellafield oder der Müll aus Brunsbütte­l gelagert werden«, sagte Stay. »Für beides ist kein Platz.«

Die Bürgerinit­iative Umweltschu­tz Lüchow-Dannenberg erklärte, die äußerst zähe Suche nach Zwischenla­gerplätzen sei ein »schlechtes Omen für die Bereitscha­ft der Bundesländ­er, auch die Suche nach einem Endlager zuzulassen«.

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