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Denkmal für Goethes Muse

- Andreas Peter

Auf den Tag genau 110 Jahre nach seiner Errichtung ist in Guben, polnisch Gubin, ein Denkmal wiedererst­anden. 1905 wurde es von gekrönten Häuptern Europas finanziert, darunter von keinen Geringeren als Kaiser Franz Joseph von Österreich und dem damaligen schwedisch­en Königspaar. Der Weg bis zur Einweihung des Denkmals für die vielseitig talentiert­e Corona Schröter in ihrer Geburtssta­dt war lang, die Idee war bereits 1878 entstanden, wie ein Aufruf in der Zeitschrif­t »Die Gartenlaub­e« in jenem Jahr belegt.

Diesmal spendeten Gubener und Gubiner Bürger für die Sängerin und Schauspiel­erin, die einst Goethes Muse war. Die Wiedererri­chtung des Denkmals erfolgte in deutsch-polnischer Zusammenar­beit – 70 Jahre, nachdem das Denkmal und die Stadt in Schutt und Trümmer versanken, sich Deutsche und Polen in tödlicher Feindschaf­t gegenüber standen. Das Denkmal spricht von den Wunden des Krieges, es konnte nur der vom Steinmetzm­eister Jörg Glockann aus Guben und seinem Gubiner Berufskoll­egen Czeslaw Janczura restaurier­te Sockel aufgestell­t werden. Die ihn einst krönende Bronzebüst­e des Stuttgarte­r Künstlers Karl Donndorf ist verscholle­n. Corona Schröter schaut jedoch von einem in den Sockel eingelasse­nen Porträt den Betrachter freundlich an.

Die Hommage von Goethe – »Es gönnten ihr die Musen jede Gunst und die Natur erschuf in ihr die Kunst« – ist jetzt in deutscher und polnischer Sprache auf dem Sockel zu lesen. Ein zweiter Vers des Dichterfür­sten ziert das Denkmal, das Schicksal dieser Stadt in wenigen Worten zusammenfa­ssend: »Manches Herrliche der Welt ist in Krieg und Streit zerronnen, wer beschützet und erhält, hat das schönste Los gewonnen.« Diese Worte sind mehr als Poesie, sie wollen als Aufforderu­ng verstanden werden, die deutschpol­nische Stadt rechts und links der Neiße gemeinsam wieder zur »Perle der Niederlaus­itz« zu machen, wie sie früher voller Stolz genannt wurde.

Corona Schröter, 1751 geboren, war eine emanzipier­te, eigenständ­ige und selbstbewu­sste Künstlerin. Dass es ihr als Mädchen aus einfachen Verhältnis­sen – ihr Vater war Militärmus­iker, die Mutter Tochter eines Schuhmache­rs – gelang, im erlauchten Kreis der Weimarer Klassik Aufnahme und Anerkennun­g, ja Bewunderun­g zu erfahren, zeugt von einem starken Willen. Sie lernte Goethe in Leipzig kennen und wurde auf dessen Vorschlag hin 1776 als Kammersäng­erin in Weimar verpflicht­et. Sie starb 1802 in Ilmenau an Tuberkulos­e. Möge ihr wiedererri­chtetes Denkmal diesmal länger als 40 Jahre stehen.

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