Willkommen trotz drangvoller Enge
Eisenhüttenstadts Abgeordnete berieten über das Zusammenleben mit den Flüchtlingen
Die Erstaufnahmestelle für Flüchtlinge des Landes Brandenburg in Eisenhüttenstadt stößt an die Grenzen ihrer Belastbarkeit. Im Juli kamen rund 2000 Asylsuchende, fast doppelt so viele wie im Vormonat.
Jetzt hat der Leiter der zentralen Erstaufnahmestelle für Flüchtlinge des Landes Brandenburg in Eisenhüttenstadt (Oder-Spree) Alarm geschlagen. »Es kann nicht mehr lange so weitergehen«, sagte Frank Nürnberger am Donnerstag im Inforadio des RBB. Die Einrichtung sei an der Grenze der Belastbarkeit angelangt. Seien im Juni noch 1200 Neuankömmlinge gekommen, so seien es im Juli 2000 gewesen. Es werde alles versucht, um Verhältnisse wie in Berlin zu verhindern, wo Flüchtlinge wild campieren müssten. Deshalb würden Zelte benötigt. Sie sind laut Nürnberger aber keine Dauereinrichtung. Er hoffe, dass vor dem Winter andere Lösungen gefunden würden.
Diese Ansicht überwog auch bei den Abgeordneten der Eisenhüttenstädter Stadtverordnetenversammlung, die am Donnerstagabend zu einer Sondersitzung zusammengekommen waren, um darüber zu beraten, wie man der Situation Herr werden könne. »In unserer Stadt wird der Umgang mit dem anhaltenden Zustrom von Asylbewerbern und Flüchtlingen zur Herausforderung«, heißt es in einer tags darauf veröffentlichten Mitteilung der Stadt. Der Anteil der Asylbewerber an der Gesamtbevölkerung von Eisenhüttenstadt liege derzeit bei acht Prozent.
Wie Stadtsprecher Tilo Steinert am Donnerstag dem »nd« sagte, sei ein konstruktives Klima unter den Stadtverordneten spürbar gewesen. »Im Vordergrund stand während der Sitzung die Frage, wie man den Menschen helfen könne, die Tag für Tag in der Einrichtung in Eisenhüttenstadt eintreffen.« Vor allem Hilfsbereitschaft hätten auch die Reaktionen der zahlreich erschienen Gäste der öffentlichen Sondersitzung bestimmt. Steinert verwies darauf, dass beispielsweise das Städtische Krankenhaus schon vor etlichen Wochen die Erstuntersuchung der eintreffenden Flüchtlinge übernommen hat. Und dies bei normal laufendem Alltagsbetrieb. Der Geschäftsführer des Krankenhauses, Till Frohne, ließ die Stadtverordneten wissen: »Allein im Monat Juli wurden 2039 Aufnahmeuntersuchungen durchgeführt, durchschnittlich sind es 89 täglich.«
»Nur wenn wir uns gegenseitig informieren und zusammenarbeiten, kann man mit der schwierigen Situation umgehen«, mahnte Bürgermeisterin Dagmar Püschel (LINKE) die Abgeordneten. Die Ängste, Bedenken aber auch die Vorurteile der Einwohner würden ernst genommen. Aus diesem Grunde habe die Stadtverwaltung das Bürgertelefon »Erstaufnahme« geschaltet.
Bis Mittwoch waren 16 Anrufe eingegangen, nachdem das Servicetelefon am Montag in Betrieb genommen worden war, sagte Martina Hartz, im Rathaus zuständig für Bürgerservice, auf der Sondersitzung. »Es gab keinen einzigen Anruf, der irgendeinen fremdenfeindlichen Hintergrund hatte.« Im Gegenteil, auch in diesen Fällen hätten viele Anrufer hätten Hilfe angeboten. Inzwischen habe die Zahl der Anrufer deutlich zugenommen, hieß es im Rathaus.
»Jeder kann im Rahmen seiner Aufgaben, seiner Verantwortung und Möglichkeiten dafür sorgen, dass die Asylbewerber und Flüchtlinge in unserer Stadt gut aufgenommen werden und sich hier willkommen und sicher fühlen«, betonte die Bürgermeisterin. »Gleichzeitig müssen die Voraussetzungen für die Aufnahme und Unterbringung verbessert werden, hier gibt es entsprechende Erwartungen an Bund, Land und Kreis.«
Die Zelte seien spartanisch eingerichtet, sagte der Leiter der Aufnahmestelle. Auf den Holzböden stehen nach den Angaben einfache Pritschen mit Schlafsäcken, für Schränke fehle in den beengten Verhältnissen der Platz. Er sei froh, dass die Lage unter den Bewohnern unterschiedlicher Nationalität und Glaubens bislang ruhig sei.