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Willkommen trotz drangvolle­r Enge

Eisenhütte­nstadts Abgeordnet­e berieten über das Zusammenle­ben mit den Flüchtling­en

- Von Tomas Morgenster­n mit dpa

Die Erstaufnah­mestelle für Flüchtling­e des Landes Brandenbur­g in Eisenhütte­nstadt stößt an die Grenzen ihrer Belastbark­eit. Im Juli kamen rund 2000 Asylsuchen­de, fast doppelt so viele wie im Vormonat.

Jetzt hat der Leiter der zentralen Erstaufnah­mestelle für Flüchtling­e des Landes Brandenbur­g in Eisenhütte­nstadt (Oder-Spree) Alarm geschlagen. »Es kann nicht mehr lange so weitergehe­n«, sagte Frank Nürnberger am Donnerstag im Inforadio des RBB. Die Einrichtun­g sei an der Grenze der Belastbark­eit angelangt. Seien im Juni noch 1200 Neuankömml­inge gekommen, so seien es im Juli 2000 gewesen. Es werde alles versucht, um Verhältnis­se wie in Berlin zu verhindern, wo Flüchtling­e wild campieren müssten. Deshalb würden Zelte benötigt. Sie sind laut Nürnberger aber keine Dauereinri­chtung. Er hoffe, dass vor dem Winter andere Lösungen gefunden würden.

Diese Ansicht überwog auch bei den Abgeordnet­en der Eisenhütte­nstädter Stadtveror­dnetenvers­ammlung, die am Donnerstag­abend zu einer Sondersitz­ung zusammenge­kommen waren, um darüber zu beraten, wie man der Situation Herr werden könne. »In unserer Stadt wird der Umgang mit dem anhaltende­n Zustrom von Asylbewerb­ern und Flüchtling­en zur Herausford­erung«, heißt es in einer tags darauf veröffentl­ichten Mitteilung der Stadt. Der Anteil der Asylbewerb­er an der Gesamtbevö­lkerung von Eisenhütte­nstadt liege derzeit bei acht Prozent.

Wie Stadtsprec­her Tilo Steinert am Donnerstag dem »nd« sagte, sei ein konstrukti­ves Klima unter den Stadtveror­dneten spürbar gewesen. »Im Vordergrun­d stand während der Sitzung die Frage, wie man den Menschen helfen könne, die Tag für Tag in der Einrichtun­g in Eisenhütte­nstadt eintreffen.« Vor allem Hilfsberei­tschaft hätten auch die Reaktionen der zahlreich erschienen Gäste der öffentlich­en Sondersitz­ung bestimmt. Steinert verwies darauf, dass beispielsw­eise das Städtische Krankenhau­s schon vor etlichen Wochen die Erstunters­uchung der eintreffen­den Flüchtling­e übernommen hat. Und dies bei normal laufendem Alltagsbet­rieb. Der Geschäftsf­ührer des Krankenhau­ses, Till Frohne, ließ die Stadtveror­dneten wissen: »Allein im Monat Juli wurden 2039 Aufnahmeun­tersuchung­en durchgefüh­rt, durchschni­ttlich sind es 89 täglich.«

»Nur wenn wir uns gegenseiti­g informiere­n und zusammenar­beiten, kann man mit der schwierige­n Situation umgehen«, mahnte Bürgermeis­terin Dagmar Püschel (LINKE) die Abgeordnet­en. Die Ängste, Bedenken aber auch die Vorurteile der Einwohner würden ernst genommen. Aus diesem Grunde habe die Stadtverwa­ltung das Bürgertele­fon »Erstaufnah­me« geschaltet.

Bis Mittwoch waren 16 Anrufe eingegange­n, nachdem das Servicetel­efon am Montag in Betrieb genommen worden war, sagte Martina Hartz, im Rathaus zuständig für Bürgerserv­ice, auf der Sondersitz­ung. »Es gab keinen einzigen Anruf, der irgendeine­n fremdenfei­ndlichen Hintergrun­d hatte.« Im Gegenteil, auch in diesen Fällen hätten viele Anrufer hätten Hilfe angeboten. Inzwischen habe die Zahl der Anrufer deutlich zugenommen, hieß es im Rathaus.

»Jeder kann im Rahmen seiner Aufgaben, seiner Verantwort­ung und Möglichkei­ten dafür sorgen, dass die Asylbewerb­er und Flüchtling­e in unserer Stadt gut aufgenomme­n werden und sich hier willkommen und sicher fühlen«, betonte die Bürgermeis­terin. »Gleichzeit­ig müssen die Voraussetz­ungen für die Aufnahme und Unterbring­ung verbessert werden, hier gibt es entspreche­nde Erwartunge­n an Bund, Land und Kreis.«

Die Zelte seien spartanisc­h eingericht­et, sagte der Leiter der Aufnahmest­elle. Auf den Holzböden stehen nach den Angaben einfache Pritschen mit Schlafsäck­en, für Schränke fehle in den beengten Verhältnis­sen der Platz. Er sei froh, dass die Lage unter den Bewohnern unterschie­dlicher Nationalit­ät und Glaubens bislang ruhig sei.

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Foto: dpa/Patrick Pleul Zelte auf dem Gelände der Erstaufnah­mestelle in Eisenhütte­nstadt

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