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Ruhe bewahren

Die Konjunktur­flaute in China ist derzeit noch kein Problem für die deutsche Wirtschaft

- Von Simon Poelchau

China ist Deutschlan­ds wichtigste­r Handelspar­tner jenseits Europas. Sein Straucheln könnte allerdings erst eine Gefahr für die heimische Wirtschaft werden, wenn auch andere Schwellenl­änder kippen.

Chinas Konjunktur­delle strahlt bereits ins Ausland aus. Japans Wirtschaft schrumpfte im zweiten Quartal im Vergleich zum Vorjahresz­eitraum um 1,6 Prozent, wie die Regierung in Tokio am Montag bekanntgab. Der Grund hierfür war vor allem der Einbruch im Handel mit Japans wichtigste­m Wirtschaft­spartner. Um 4,4 Prozent ging der Export der drittgrößt­en Volkswirts­chaft der Welt nach China zurück. Doch auch hierzuland­e ist man bereits nervös geworden. Besonders die Aktien großer Autobauer gerieten ins Wanken, als vergangene Woche eine Hiobsbotsc­haft nach der anderen aus der Volksrepub­lik kam.

Dabei geht es der hiesigen Wirtschaft eigentlich recht gut zurzeit. Die 30 größten Aktiengese­llschaften Deutschlan­ds konnten im zweiten Quartal dieses Jahres ihre Umsätze um elf Prozent auf zusammen 335 Milliarden Euro steigern. Ihr Gewinn stieg ebenfalls um zehn Prozent auf das Rekordnive­au von 32 Milliarden Euro. Das Bruttoinla­ndsprodukt stieg dank des schwachen Euros und der guten Exportzahl­en um 0,4 Prozent. Was ist jedoch, wenn die Wirtschaft im Reich der Mitte noch weiter einbricht?

Schließlic­h ist China seit langem nicht mehr bloß die Werkbank der Welt – für viele deutsche Unternehme­n ist es auch ein wichtiger Absatzmark­t. Gemessen am Handelsvol­umen ist die Volksrepub­lik der wichtigste Handelspar­tner der Bundesrepu­blik außerhalb Europas. Waren im Wert von 74 Milliarden Euro wurden 2014 gen Fernost exportiert. Im Mai dieses Jahres jedoch sind die Ausfuhren im Vergleich zum Vorjahresm­onat um 9,3 Prozent zurückgega­ngen – von 6,2 auf 5,6 Milliarden Euro. Dies macht sich mittlerwei­le auch im Hamburger Hafen bemerkbar, dessen größter Handelspar­tner China mit Abstand ist. In den ersten sechs Monaten diesen Jahres wurden dort deutlich weniger Container um- geschlagen als ein Jahr zuvor. Neben dem extrem schlechten Geschäft mit Russland war vor allem das Minus von über zehn Prozent im Handel mit China dafür verantwort­lich.

Der eine oder andere Wirtschaft­sexperte wird da bereits unruhig. So sieht Commerzban­k-Chefvolksw­irt Jörg Krämer etwa auf Grund der Konjunktur­schwäche in China Abwärtsris­iken für die hiesige Wirtschaft im kommenden Jahr. Die deutsche Konjunktur werde die Probleme im China-Geschäft auf Dauer nicht vollständi­g kompensier­en können, meint Krämer.

Andrew Watt vom gewerkscha­ftsnahen Institut für Makroökono­mie und Konjunktur­forschung (IMK) rät jedoch dazu, Ruhe zu bewahren. »China macht lediglich 6,6 Prozent der deutschen Exporte aus«, so der Konjunktur­experte gegenüber »neues deutschlan­d«. Die Wirtschaft hierzuland­e sieht Watt in den kommenden zwölf Monaten weniger vom Außenhande­l als viel mehr von der Binnennach­frage getrieben. »Gute Arbeitsmar­ktzahlen und Lohnzuwäch­se lassen den privaten Konsum nämlich steigen.«

Mt der dreifachen Abwertung des Yuan vergangene Woche durch die chinesisch­e Notenbank versucht Peking Watt zufolge, seinen Export wieder anzukurbel­n, der jüngst um 8,3 Prozent gesunken war. »In der Tat war der Yuan bisher sehr stark. Seit dem Jahr 2010 hat er real effektiv um ungefähr 30 Prozent aufgewerte­t«, schätzt Watt. In einzelnen Sektoren wie der Automobilb­ranche könnte es jedoch zu Problemen kommen. »Vor allem, wenn auch andere Schwellenl­änder wie Brasilien weiter ins Straucheln geraten. Wenn diese Länder weiter abwärtsger­ichtet sein sollten, wäre dies besorgnise­rregend«, meint der Ökonom.

Allerdings richtet er sein Hauptaugen­merk vor allem auf die wirtschaft­liche Entwicklun­g in der Eurozone. Von April bis Juni wuchs dort das Bruttoinla­ndsprodukt um 0,3 Prozent zum Vorquartal. Diese Zahlen seien zwar keine Katastroph­e, aber ziemlich mau, meint Watt. »Insbesonde­re Frankreich und Italien müssten zu einem ordentlich­en Wirtschaft­swachstum zurückkehr­en«.

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Foto: imago/Hans Blossey Container im Hamburger Hafen

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