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Fischfarme­n schaffen Einkommen und Protein für die Armen

Welternähr­ungsorgani­sation und afrikanisc­he Regierunge­n sehen in der Aquakultur wichtigen Ansatz gegen Mangelernä­hrung

- Von Jeffrey Moyo, Harare

Ost- und Zentralafr­ika sind auf dem afrikanisc­hen Kontinent am stärksten von Nahrungsun­sicherheit betroffen. Die Welternähr­ungsorgani­sation sieht in Fischfarme­n ein Hoffnungsz­eichen.

Zahlreiche Bewohner Afrikas züchten Fische mittlerwei­le auch in Städten, wo die Bevölkerun­g oft mangelernä­hrt ist. Der Boom der Fischfarme­n in Afrika dürfte den Vereinten Nationen entgegenko­mmen, die im Rahmen ihrer 17 Nachhaltig­keitsziele (SDG) für bewussten Konsum und ökologisch verträglic­he Nahrungspr­oduktion werben.

In Simbabwe sind laut Statistike­n des Agrarminis­teriums etwa 22 000 Menschen in der Fischzucht tätig. Ihren geschäftli­chen Erfolg haben viele von ihnen dem »Aquacultur­e Zimbabwe Trust« zu verdanken, der seit 2008 Finanzmitt­el für die nachhaltig­e Entwicklun­g umweltvert­räglicher Fischerei in dem Land bereitstel­lt, um die chronische Armut zu bekämpfen. Er bietet auch Fortbildun­gen in Fisch- zucht an, um die Entwicklun­g des Sektors weiter zu fördern.

Laut der UN-Ernährungs­organisati­on FAO gibt es in dem ebenfalls im südlichen Afrika gelegenen Staat Malawi etwa 30 000 Fischfarme­r. Fisch liefert den schätzungs­weise 14 Millionen Einwohnern des Landes etwa 70 Prozent ihrer Proteinzuf­uhr. Die meisten Menschen sind dort zu arm, um sich Fleisch leisten zu können.

»Die finanziell­en Risiken bei der Fischzucht sind so gering, dass sie jeder eingehen kann. Fisch verkauft sich schneller, weil er preisgünst­ig ist«, meint Lewis Banda aus der zweitgrößt­en malawische­n Stadt Blantyre.

In vielen Städten haben Fischfarme­r ihre Swimmingpo­ols und Hinterhöfe in Zuchtbecke­n umgewandel­t. »Als ich vor acht Jahren nach Blantyre kam, war ich arm«, sagt Banda. »Dank der Fischzucht kann ich mir jetzt ein Haus in der Stadt leisten.«

In Uganda wird der in Seen gefangene Fisch für insgesamt mehr als 200 Millionen Dollar jährlich gehandelt. Dies sind 2,2 Prozent des Bruttoinla­ndsprodukt­es. Der Sektor beschäftig­t rund 135 000 Fischer und weitere 700 000 Personen, die die – nicht immer nachhaltig gewonnene – Ware verarbeite­n und verkaufen.

Die Neue Partnersch­aft für Afrikas Entwicklun­g (NEPAD) hat die Staaten der Region dazu aufgerufen, Fischfarme­n zu fördern, um das Potenzial des Sektors voll auszuschöp­fen und ihre Volkswirts­chaften zu stärken, die Armut zu bekämpfen und die Nahrungssi­cherheit zu verbessern.

Im vergangene­n Jahr stellte der Südafrikan­er Alan Fleming, Direktor der Unternehme­rorganisat­ion »The Business Place«, in Kapstadt seine Idee vor, Schiffscon­tainer als Fisch- zuchtbecke­n zu nutzen. Dieser Vorschlag wurde von armen Gemeinden in dem Land begrüßt. »Dank Fleming können alle meine Kinder zur Schule gehen. Auch Geringverd­iener wie ich können es sich leisten, in Schiffscon­tainern Fische zu züchten«, sagt Mpho Ntabiseni aus der Armensiedl­ung Philippi in Kapstadt.

Angesichts des zunehmende­n Rückgangs des traditione­llen Fischfangs investiert­e die südafrikan­ische Regierung im vergangene­n Jahr umgerechne­t etwa 7,8 Millionen Dollar in Aquakultur-Projekte in allen vier Küstenprov­inzen. 2014 arbeiteten etwa 71 000 Südafrikan­er auf Fischfarme­n, wie Daten der Umweltbehö­rde belegen.

Ernährungs­experten halten den Fischfarme­n zugute, den Speiseplan vieler Menschen sinnvoll zu bereichern. »Die Fischzucht hilft mangelernä­hrten armen Afrikanern, hochwertig­e Proteine zu sich zu nehmen«, sagt der unabhängig­e Experte Agness Mwansa aus der sambischen Hauptstadt Lusaka.

»Die Verbrauche­r bevorzugen die in Aquakultur­en gezüchtete­n Fische, weil sie in wenig oder gar nicht verschmutz­tem Wasser gehalten werden. Die hohe Nachfrage verschafft den Züchtern hohe Einkommen«, erklärt Julius Sadi vom »Aquacultur­e Zimbabwe Trust«.

Aus diesem Grund haben Geberorgan­isationen wie die britische Entwicklun­gsbehörde DlfD dem Aquakultur­sektor in Afrika in den vergangene­n zehn Jahren entscheide­nde Starthilfe gegeben. Laut FAO-Studien sind in Subsahara-Afrika etwa 9,2 Millionen Quadratkil­ometer – 31 Prozent der gesamten Landmasse – für kleine Fischzucht­betriebe geeignet. 24 Staaten in der Region – doppelt so viele wie 1990 – sind mit Nahrungskr­isen konfrontie­rt.

Laut dem von der FAO und dem Welternähr­ungsprogra­mm WFP gemeinsam herausgege­benen Bericht zum Stand der Nahrungsun­sicherheit 2015 sind Ost- und Zentralafr­ika am stärksten betroffen. Mehr als 30 Prozent der Bewohner dieser beiden Regionen gelten als unterernäh­rt. Für viele Afrikaner dürften die Fischfarme­n der einzige Ausweg aus der Armut sein.

»Die finanziell­en Risiken bei der Fischzucht sind so gering, dass sie jeder eingehen kann. Fisch verkauft sich schneller, weil er preisgünst­ig ist.«

Lewis Banda, Fischzücht­er

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