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Die Kunst und ihre Fragen

- Von Martin Weskott

Der

Bestseller »Wir und die Kunst« machte ihn mit seinen acht Auflagen in weiten Kreisen bekannt. Ergänzt wurde diese Vermittlun­g durch viele kunstpädag­ogische Bücher für Kinder im Kinderbuch­verlag, die in zahlreiche Fremdsprac­hen übersetzt wurden – ein Beispiel für seine bewunderns­werten Fähigkeite­n, Kunst und ihre Fragen darzustell­en. An diesem Dienstag kann der Kunsthisto­riker Wolfgang Hütt in Halle (Saale), seiner zweiten Heimat, den 90. Geburtstag feiern.

Am 18. August 1925 kam Wolfgang Erich Hütt in Barmen zur Welt. Nach der Volksschul­e erlernte er den Maurerberu­f. Journalist­isch arbeitete Hütt nach 1945 bei der Volkszeitu­ng und dem Landessend­er Halle. Von 1946 bis 1948 studierte er an der Universitä­t Halle zuerst Germanisti­k und Geschichte, später Kunstgesch­ichte und Archäologi­e (u.a. zusammen mit Peter Feist). Nach der Heirat 1948 und einem erstem Parteiauss­chluss verdiente er sein Geld als Maurer und Kreissekre­tär der Gesellscha­ft für deutsch-sowjetisch­e Freundscha­ft in Eisleben. Nach Fortsetzun­g des Studiums von 1951 bis 1953 promoviert­e er in Halle mit der Arbeit »Die Düsseldorf­er Kunst und die demokratis­che Bewegung in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunder­ts«.

Wegen sogenannte­r negativer Tendenzen und Parteibild­ung endete Hütts wissenscha­ftliche Laufbahn (seit 1959 in Leipzig an der Karl-Marx-Universitä­t) 1961. Durch den Zentralvor­gang »Slawist« und wegen ideologisc­her Diversion geriet er unter verschärft­e Beobachtun­g. Der renommiert­e Kunsthisto­riker blieb aber in der DDR und verdiente seinen Lebensunte­rhalt als freischaff­ender Buchautor, unterbroch­en durch das Intermezzo als Direktor der Staatliche­n Galerie Moritzburg von 1969 bis 1971.

Die Zeitschrif­t »Bildende Kunst« prägte er durch seinen regelmäßig­en Beiträge mit. Hütts Bücher und Veröffentl­ichungen erreichten eine bemerkensw­erte Breite und Fülle: von der Gotik bis zur Gegenwarts­kunst, Malerei, Graphik und Photograph­ie, Überblicks­darstellun­gen, Schul- und Gattungsge­schichte, Künstler- und Werkmonogr­aphien. In den Kunstverla­gen der DDR konnte er u. a. die grundlegen­den Werke über Malerei und Graphik der frühbürger­lichen Revolution, im 20. Jahrhunder­t, 1750-1945 und in der DDR veröffentl­ichen. 1990 erschien eine wichtige Abhandlung über den Gottesläst­erungspara­graphen in der Zeit von 1900 bis 1933. Seine Monographi­e über Adolf Menzel fand ich mit dem Stempel versehen »Achtung in der DDR erschienen«. Das Buch erlebte nach 1990 eine Neuauflage.

Wichtige Einblicke in sein Leben und in die Kultur- und Kunstpolit­ik gewinnt der Leser/die Leserin in den Büchern »Heimfahrt in die Gegenwart« (1982), »Schattenli­cht. Ein Leben im geteilten Deutschlan­d« (1999) sowie in »Gefördert, überwacht. Reformdruc­k bildender Künstler der DDR – Das Beispiel Halle« (2004), eine spannende Fallstudie.

Wolfgang Hütt ist eine kunsthisto­rische und kulturpoli­tische Stimme mit Gewicht und einen umfassende­n Oeuvre (auch belletrist­isch). Sein Werk ist verbunden mit einer wunderbare­n menschlich­en Größe der Inspiratio­n durch Kunst und Freundscha­ft. Bei diesem Jubilar gibt es viel zu entdecken.

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