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Fraport fliegt die Ernte ein

Kurz vor Bundestags­votum: Athen genehmigt Verkauf an deutschen Flughafenb­etreiber

- Von Vincent Körner

Am Mittwoch wird über das dritte Kreditprog­ramm für Griechenla­nd im Bundestag abgestimmt. Kurz zuvor kann ein erster deutscher Krisen-Gewinn eingestric­hen werden.

Die Entscheidu­ng hat symbolisch­en Wert – und vielleicht war sie auch als ein Signal gemeint: Ein deutscher Konzern wird erster Profiteur des neuen Memorandum­s, das die griechisch­e Regierung im Gegenzug für das neue Kreditprog­ramm akzeptiere­n musste. Der Flughafenb­etreiber Fraport erhielt von der SYRIZA-geführten Regierung den Zuschlag für 14 griechisch­e Regionalfl­ughäfen.

Der Verkauf ist hoch umstritten, da sich das mehrheitli­ch in Staatsbesi­tz befindlich­e deutsche Unternehme­n den Zuschlag in den Verhandlun­gen mit Griechenla­nd über ein drittes Kreditprog­ramm extra hatte absichern lassen. Dass die Athener Entscheidu­ng am Dienstag bekannt wurde, könnte auch etwas mit der Abstimmung im Bundestag zu tun haben: Die Union muss dort mit vielen Nein-Stimmen rechnen, ein deutscher Privatisie­rungserfol­g könnte in der Union als besänftige­ndes Argument für den Griechenla­ndkurs von Kanzlerin Angela Merkel herhalten.

Der Gesamtkauf­preis für die Betreiberk­onzessione­n für Fraport beträgt 1,234 Milliarden Euro. Auch in der griechisch­en Regierung hatte es scharfe Kritik daran gegeben. Der zuständige griechisch­e Infrastruk­turministe­r Christos Spirtzis sagte unlängst gegenüber der ARD, »bei dieser Privatisie­rung soll der griechisch­e Staat 14 gewinnbrin­gende Flughäfen verkaufen, und die anderen 30 Flughäfen, die keinen Gewinn machen und subvention­iert werden müssen, bleiben beim griechisch­en Staat«.

Noch gebe es keinen unterschri­ebenen Vertrag, wiegelt man bei Fraport ab. Doch der Verkauf ist prak- tisch Teil des Memorandum­s: »Als Vorabmaßna­hme« solle SYRIZA »unumkehrba­re Schritte für den Verkauf der Regionalfl­ughäfen zu den gegenwärti­gen Bedingunge­n« unternehme­n – an den bereits erfolgreic­hen Bieter Fraport.

Mitte Februar hatte die SYRIZAgefü­hrte Regierung den Verkauf zunächst gestoppt – man wolle, hieß es damals, erst einmal prüfen, ob das Vorhaben »am besten dem allgemeine­n Interesse dient. Dies tut er auch nach Ansicht des hessischen Linksparte­i-Abgeordnet­en Ulrich Wilken nicht. Es sei ein Hohn, wenn sich Fraport »an diesem Ausverkauf des griechisch­en Tafelsilbe­rs beteiligt«. Schließlic­h sei der Konzern mehrheitli­ch in Öffentlich­er Hand; »und es ist gegen das öffentlich­e Interesse, die griechisch­e Wirtschaft weiter zu schwächen«, so Wilken.

In einem gemeinsame­n Papier haben rot-rot-grüne Bundestags­abgeordnet­e derweil eine Kursänderu­ng in der Krisenpoli­tik gefordert. Die Bundestags­abgeordnet­en Lisa Paus (Grüne), Marco Bülow (SPD) und Axel Troost (Linksparte­i) drängten »anstelle einer Politik von ultra-kurzfristi­gen Kreditverl­ängerungen« auf eine langfristi­ge Strategie, weil beim jetzigen Programm Griechenla­nd wohl »nicht auf den vereinbart­en Schuldenab­baupfad kommt und – ähnlich wie zahlreiche überschuld­ete Staaten – immer gerade so viel an Erleichter­ung gewährt wird, wie aktuell nötig ist, um das Schlimmste zu verhindern, und somit auf absehbare Zeit eine Schuldenko­lonie am Rande Europas bleibt«.

Laut Grünen-Fraktionsc­hef Anton Hofreiter würden die Abgeordnet­en seiner Partei dem Programm dennoch zustimmen. Gesine Lötsch aus der Linksparte­i nannte dagegen ein Ja ihrer Fraktion »absolut ausgeschlo­ssen«. Sie sei überzeugt, »dass die große Mehrheit der Fraktion mit Nein stimmen wird«.

»70 Jahre mussten diese Menschen warten; jetzt muss die Umsetzung so schnell wie irgend möglich erfolgen.«

Jan Korte, Fraktionsv­ize der LINKEN wurde, jetzt muss die Umsetzung so schnell wie irgend möglich erfolgen.« Überdies mahnt Korte über die schlichte Auszahlung der Summe von schätzungs­weise einmalig 2500 Euro hinaus eine Geste des Bundestage­s an, »in der das Leid der Opfer und die deutsche Schuld anerkannt werden«. Er kündigte hierzu in Kürze Vorschläge seiner Fraktion an.

Zudem sprach Korte die Erwartung aus, das die volle Summe von zehn Millionen Euro für die Opfer genutzt wird und die Summe von 2500 Euro für den einzelnen Berechtigt­en aufgestock­t wird, sollten weniger Opfer leben als bisher angenommen. Die Bundesregi­erung geht derzeit von bis zu 4000 Antragsber­echtigten aus, wie aus der Antwort hervorgeht. Zwischen 1941 und 1945 gerieten schätzungs­weise fünf Millionen Sowjetsold­aten in deutsche Kriegsgefa­ngenschaft. 3,3 Millionen kamen während der Haft unter unmenschli­chen Bedingunge­n ums Leben.

Die Bundesregi­erung verweist in ihrer Antwort auf die Hoheit des Haushaltsa­usschusses, der das letzte Wort über die Entschädig­ungsrichtl­inie hat. Leicht ungehalten klingt dazu der Kommentar Kortes. Die Regierung dürfe sich bei der Umsetzung des Bundestags­beschlusse­s nicht hinter dem Haushaltsa­usschuss verstecken. »Wenn die Regierung zügig ein tragfähige­s Konzept vorlegt, wird der Haushaltsa­usschuss schnell handeln.«

Derzeit ist die Regierung auch damit beschäftig­t, den Kreis der Anspruchsb­erechtigte­n zu identifizi­eren und diese zu informiere­n. Dazu habe man in den betroffene­n Staaten Kontakt mit zuständige­n Behörden aufgenomme­n, heißt es in der Antwort. Gesprächsp­artner seien dabei auch Veteranenv­erbände, historisch­e Institute, der Volksbund deutscher Kriegsgräb­erfürsorge und private Vereine gewesen, insbesonde­re der Verein Kontakte-Kontakty und die Stiftung Sächsische­r Gedenkstät­ten. Mit der Umsetzung der Entschädig­ung wurde das Bundesamt für zentrale Dienste und offene Vermögensf­ragen betraut, dem seit 207 bereits die Entschädig­ung für Ghettoarbe­iter obliegt, die keine Zwangsarbe­iter waren. 70 000 Fälle wurden dabei bearbeitet.

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Foto: Manfred Neubauer Mann o Mann, der Gewinn von Samos: einer der 14 Flughäfen

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