nd.DerTag

Protest unter Palmen

»Beyond Europe Camp« im griechisch­en Chalkidiki

- Von John Malamatina­s, Ierissos

Das internatio­nale Treffen der antiautori­tären Bewegung soll der Vernetzung dienen. Vor Ort sind aber auch Aktionen gegen den Goldabbau im Urlaubspar­adies geplant.

Strand, Palmen, strahlende­r Sonnensche­in und blauer Himmel – es ist wahrlich ein ungewöhnli­cher Ort für ein Polit-Camp. Am Dienstag haben sich Aktivisten aus ganz Europa in Ierissos zusammenge­funden, in einem Dorf in der nordgriech­ischen Urlaubsreg­ion Chalkidiki. Eine Woche lang halten sie dort das Camp der antiautori­tären Plattform »Beyond Europe« ab.

Über 500 Menschen aus 14 Ländern werden erwartet, um einerseits die transnatio­nale Vernetzung voranzutre­iben, anderseits die lokale Bevölkerun­g in ihrem Kampf gegen die Goldminen zu unterstütz­en. Allein aus Deutschlan­d werden laut Organisato­ren 200 Protestcam­per aus etwa 15 Städten anreisen. Schon seit dem Wochenende ist ein Wandel der Stimmung auf dem zentralen Dorfplatz und den umliegende­n Geschäften Ierissos’ spürbar. Autos fahren hin und her, um die Ankommende­n zum Camp zu bringen. Die Einwohner probieren sich in ihren Sprachkenn­tnissen, um den Aktivisten den Fußweg zu erklären.

Doch beim Aufbau des Lagers stoßen die Teilnehmer auf die ersten Komplikati­onen. Wird der Wasserdruc­k für die selbstgeba­uten Duschen reichen? Wie werden Sitzmöglic­hkeiten für alle organisier­t? Das Camp ist, so wie es sich für Antiautori­täre und Bewegungsl­inke gehört, selbstorga­nisiert. In Arbeitsgru­ppen wird für Infrastruk­tur wie Küche, Sauberkeit und Technik gesorgt.

Die Teilnehmer haben sich für die Woche Einiges vorgenomme­n. Es soll vor allem diskutiert werden: über soziale Kämpfe in der Krise, den Kampf gegen die Festung Europa und Solidaritä­t mit den kurdischen Autonomieg­ebieten (Rojava). Es sind aber auch Veranstalt­ungen außerhalb des Camps geplant, etwa eine Diskussion auf dem Dorfplatz von Ierissos von Vertretern der außerparla­mentarisch­en Organisati­on ANTARSYA, dem Netzwerk Antiautori­täre Bewegung und der Regierungs­partei SYRIZA über die aktuelle Situation in Griechenla­nd und das Spannungsv­erhältnis zwischen Partei und sozialen Bewegungen.

Die Regierung unter Führung der Linksparte­i SYRIZA ist vor Ort umstritten. Seit sechs Monaten wartet die Bewegung gegen den Goldabbau in Chalkidiki auf die Einlösung des Wahlverspr­echens von Premier Alexis Tsipras, einen sofortigen Stopp des Projekts der kanadische­n Firma Eldorado Gold zu veranlasse­n. Im Rahmen des Camps ist am 23. August eine Demonstrat­ion zur Baustelle vorgesehen. Der Widerstand gegen die Minen erreichte zuletzt aufgrund von Repression, aber auch Enttäuschu­ng. Die jüngsten Äußerungen von Tsipras, die einen Kurswechse­l der Regierung suggeriere­n, haben für großen Frust gesorgt und den Konflikt wieder aufgewärmt. Auf dem Dorfplatz von Ierissos wird schon gemurmelt, dass »am 23. August die Geduld zu Ende geht«.

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