Neuer Verdachtsfall von Asyl-Mietabzocke
Vorwurf: Apartment-Anbieter sollen absahnen/ Senator über Vorgänge wohl nicht richtig im Bilde
Eine Schriftliche Anfrage der Linksfraktion enthüllt neue Vorwürfe gegen Vermieter, die sich bei der Unterbringung an der Not von Flüchtlingen bereichert haben könnten.
Es gibt einen neuen Verdachtsfall von Geschäftemacherei bei der Unterbringung von Asylsuchenden. »Dem Senat liegen konkrete Hinweise auf eine missbräuchliche Unterbringung von Flüchtlingen in einem Objekt im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg vor«, heißt es in der Antwort der Senatsverwaltung von Mario Czaja (CDU) auf eine noch nicht veröffentlichte Schriftliche Anfrage der Linkspartei-Abgeordneten Elke Breitenbach und Hakan Taş, die »nd« vorab vorliegt. Demnach hat der Senat in dem Verdachtsfall unverzüglich die »Sachaufklärung« in die Wege geleitet, der Vorgang dauert aber noch an. Die »Hinweise« wiegen so schwer, dass die Kostenübernahme für das Objekt durch das Landesamt für Gesundheit und Soziales (LAGeSo) bereits eingestellt wurde. Auf »nd«Nachfrage wollte sich Czajas-Verwaltung zunächst nicht zu dem Vermietungsobjekt in FriedrichshainKreuzberg äußern. Nach Informationen des »nd« handelt es sich wahrscheinlich um das Unternehmen »GoApartments« aus der Friedrichstraße 41. Diese Firma ist laut Unterlagen von Kostenübernahmen durch das LAGeSo ausgenommen. »Wir sind noch in der Klärung«, erklärt der Geschäftsführer des Unternehmens, Pavel Sidelnikov, dem »nd«.
Ein weiterer Verdachtsfall von Mietabzocke bei der Unterbringung von Asylsuchenden hatte erst vor einigen Wochen für Schlagzeilen in den Medien gesorgt. Dabei ging es um die Unterbringung von Flüchtlingen durch den Anbieter »Berlin Lux GmbH«, der laut der Senatsverwaltung für Finanzen im Zeitraum Januar bis Mai dieses Jahres insgesamt 26 Apartments bei der landeseigenen »Berlinnovo« angemietet haben soll. So steht es in der Beantwortung der Schriftlichen Anfrage. Das Perfide: »Berlin Lux« soll in dem beschriebenen Fall in Lichtenberg knapp tausend Euro für ein Appartement bezahlt haben. Zeitgleich soll die Firma über die Kostenübernahme vom LA- GeSo pro Person und Nacht 50 Euro abrechnet haben. Im Fall einer siebenköpfigen Familie sollen so im Monat mehr als 10 000 Euro zusammengekommen sein. Nach dem Auffliegen des möglichen Missbrauchs wurde der Vertrag Mitte Juli fristlos gekündigt. Wie aus der Beantwortung der Schriftlichen Anfrage weiter hervorgeht, hat der Senat im Jahr 2015 insgesamt Abschlagzahlungen von rund 200 000 Euro an die »Berlin Lux« geleistet. »Die abschließende Rechnungsprüfung dauert noch an«, erklärt Czaja.
Der Geschäftsführer von »Berlin Lux«, Levan Khutchua, wollte sich am Dienstag gegenüber dieser Zeitung zunächst nicht zu den erhobenen Vorwürfen äußern. »Ich will gar kei- ne Auskunft treffen«, sagt Levan Khutchua.
Weitere Fragen werfen die Apartment-Vermietungen aber auch in Hinblick auf die Kontrolle durch die Behörden auf. »Die Berlin Lux GmbH hat dem Landesamt für Gesundheit und Soziales keine Plätze oder Apartments zur Unterbringung von Asylsuchenden angeboten«, erklärt Czaja in der Schriftlichen Anfrage. Nach einem »nd« vorliegenden Papier gab es aber sehr wohl 2015 ein »unverbindliches« Angebot des Unternehmens an das Landesamt.
»Ich frage mich, lügt der Senator mich an oder hat er keine Ahnung?«, sagt die Abgeordnete Elke Breitenbach. Die Linksfraktion kritisiert die »unglaubliche« Geschäftemacherei. Sie fordert aber auch eine bessere Prüfung der landeseigenen Immobilien, damit sie nicht missbräuchlich genutzt werden können.