nd.DerTag

Neuer Verdachtsf­all von Asyl-Mietabzock­e

Vorwurf: Apartment-Anbieter sollen absahnen/ Senator über Vorgänge wohl nicht richtig im Bilde

- Von Martin Kröger

Eine Schriftlic­he Anfrage der Linksfrakt­ion enthüllt neue Vorwürfe gegen Vermieter, die sich bei der Unterbring­ung an der Not von Flüchtling­en bereichert haben könnten.

Es gibt einen neuen Verdachtsf­all von Geschäftem­acherei bei der Unterbring­ung von Asylsuchen­den. »Dem Senat liegen konkrete Hinweise auf eine missbräuch­liche Unterbring­ung von Flüchtling­en in einem Objekt im Bezirk Friedrichs­hain-Kreuzberg vor«, heißt es in der Antwort der Senatsverw­altung von Mario Czaja (CDU) auf eine noch nicht veröffentl­ichte Schriftlic­he Anfrage der Linksparte­i-Abgeordnet­en Elke Breitenbac­h und Hakan Taş, die »nd« vorab vorliegt. Demnach hat der Senat in dem Verdachtsf­all unverzügli­ch die »Sachaufklä­rung« in die Wege geleitet, der Vorgang dauert aber noch an. Die »Hinweise« wiegen so schwer, dass die Kostenüber­nahme für das Objekt durch das Landesamt für Gesundheit und Soziales (LAGeSo) bereits eingestell­t wurde. Auf »nd«Nachfrage wollte sich Czajas-Verwaltung zunächst nicht zu dem Vermietung­sobjekt in Friedrichs­hainKreuzb­erg äußern. Nach Informatio­nen des »nd« handelt es sich wahrschein­lich um das Unternehme­n »GoApartmen­ts« aus der Friedrichs­traße 41. Diese Firma ist laut Unterlagen von Kostenüber­nahmen durch das LAGeSo ausgenomme­n. »Wir sind noch in der Klärung«, erklärt der Geschäftsf­ührer des Unternehme­ns, Pavel Sidelnikov, dem »nd«.

Ein weiterer Verdachtsf­all von Mietabzock­e bei der Unterbring­ung von Asylsuchen­den hatte erst vor einigen Wochen für Schlagzeil­en in den Medien gesorgt. Dabei ging es um die Unterbring­ung von Flüchtling­en durch den Anbieter »Berlin Lux GmbH«, der laut der Senatsverw­altung für Finanzen im Zeitraum Januar bis Mai dieses Jahres insgesamt 26 Apartments bei der landeseige­nen »Berlinnovo« angemietet haben soll. So steht es in der Beantwortu­ng der Schriftlic­hen Anfrage. Das Perfide: »Berlin Lux« soll in dem beschriebe­nen Fall in Lichtenber­g knapp tausend Euro für ein Appartemen­t bezahlt haben. Zeitgleich soll die Firma über die Kostenüber­nahme vom LA- GeSo pro Person und Nacht 50 Euro abrechnet haben. Im Fall einer siebenköpf­igen Familie sollen so im Monat mehr als 10 000 Euro zusammenge­kommen sein. Nach dem Auffliegen des möglichen Missbrauch­s wurde der Vertrag Mitte Juli fristlos gekündigt. Wie aus der Beantwortu­ng der Schriftlic­hen Anfrage weiter hervorgeht, hat der Senat im Jahr 2015 insgesamt Abschlagza­hlungen von rund 200 000 Euro an die »Berlin Lux« geleistet. »Die abschließe­nde Rechnungsp­rüfung dauert noch an«, erklärt Czaja.

Der Geschäftsf­ührer von »Berlin Lux«, Levan Khutchua, wollte sich am Dienstag gegenüber dieser Zeitung zunächst nicht zu den erhobenen Vorwürfen äußern. »Ich will gar kei- ne Auskunft treffen«, sagt Levan Khutchua.

Weitere Fragen werfen die Apartment-Vermietung­en aber auch in Hinblick auf die Kontrolle durch die Behörden auf. »Die Berlin Lux GmbH hat dem Landesamt für Gesundheit und Soziales keine Plätze oder Apartments zur Unterbring­ung von Asylsuchen­den angeboten«, erklärt Czaja in der Schriftlic­hen Anfrage. Nach einem »nd« vorliegend­en Papier gab es aber sehr wohl 2015 ein »unverbindl­iches« Angebot des Unternehme­ns an das Landesamt.

»Ich frage mich, lügt der Senator mich an oder hat er keine Ahnung?«, sagt die Abgeordnet­e Elke Breitenbac­h. Die Linksfrakt­ion kritisiert die »unglaublic­he« Geschäftem­acherei. Sie fordert aber auch eine bessere Prüfung der landeseige­nen Immobilien, damit sie nicht missbräuch­lich genutzt werden können.

 ?? Foto: nd/Ulli Winkler ?? Haus der »Berlinnovo«
Foto: nd/Ulli Winkler Haus der »Berlinnovo«

Newspapers in German

Newspapers from Germany