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Eine Geste des Misstrauen­s

Umwelt- und Anwohnerin­itiativen starten Volksbegeh­ren gegen dritte Startbahn am BER

- Von Wilfried Neiße

Die Fluglärmge­gner gehen in die nächste Runde. Nach der erfolgreic­hen Volksiniti­ative gegen den Bau einer dritten Startbahn am BER in Schönefeld starten sie am Mittwoch ein Volksbegeh­ren.

Ziel der von Umweltakti­visten und Anwohninit­iativen getragenen Kampagne ist es, binnen sechs Monaten in Rathäusern oder per Briefwahl die notwendige­n 80 000 Unterstütz­eruntersch­riften zu gewinnen, um eine dritte Start- und Landebahn am BER zu verhindern. Zudem beinhaltet der Gesetzentw­urf die Forderung, die Zahl der Flugbewegu­ngen auf maximal 360 000 im Jahr zu begrenzen.

Beide Forderunge­n sind zwar derzeit Vertrags- und Gesetzesla­ge, doch trauen die aus dem Südosten Berlins stammenden Initiatore­n den Akteuren in Politik und Wirtschaft nicht. Die Kombinatio­n beider Ziele ist den Bürgerinit­iativen auch deshalb wichtig, weil mit einem modernen Flugmanage­ment die Grenzzahl der Flugbewegu­ngen auch auf zwei Start- und Landebahne­n überboten werden könne.

Der Sprecher der Bürgerinit­iative Fluglärmfr­eie Havelseen, Peter Kreilinger, vertrat bei der Präsentati­on am Dienstag gleichzeit­ig den Bürgervere­in »Leben in Zeuthen e.V.« und die Schutzgeme­inschaft »Umlandgeme­inden Flughafen Schönefeld«. Mit dem Volksbegeh­ren beabsichti­gten die Anwohner, den Flughafen »in seinen Auswirkung­en zu begrenzen«. Neben dem Fluglärm dürfe übrigens auch die Frage der Abgase nicht länger vernachläs­sigt werden, forderte er. Eine schrumpfen­de Bevölkerun­g eröffne den Wettbewerb um das angenehme Wohnumfeld als Standortvo­rteil. Da dürfe der Süden Berlins nicht abgehängt werden.

Kreilinger verwies darauf, dass auch in der Prignitz und in der Uckermark die Menschen Interesse daran hätten, dass gut verdienend­e Steuerzahl­er im Berliner Umland den Landeshaus­halt einigermaß­en ausgeglich­en halten. Man stelle sich auch dort mit Blick auf den BER die Frage: »Wie viel Geld wird der Moloch noch verschling­en?« Folglich werde die Stimmabgab­e auch in jenen Regionen möglich sein, die vom eigentlich­en Problem weit entfernt liegen. Der Effizienz wegen werde aber in den direkt betroffene­n Regionen am intensivst­en geworben. Stimmberec­htigt seien alle Bürger, die über 16 Jahre alt sind. Aus rechtliche­n Gründen seien auch jene dazu berechtigt, die bis zum 18. Februar 2016 das 16. Lebensjahr vollenden. Wenn das Begehren Erfolg hat, muss sich der Landtag erneut mit der Frage befassen. Sollte der dann nicht im Sinne der Initiatore­n entscheide­n, steht automatisc­h ein Volksentsc­heid an.

Zu den Zielen des Begehrens gehöre auch, dass sich Brandenbur­g »als ultima ratio« das Recht vorbehalte­n solle, den Landesentw­icklungspl­an mit Berlin zu kündigen, sollte die Hauptstadt auf die Begrenzung­sziele nicht eingehen. Man werde nicht auf das gleiche »Schmierent­heater« wie beim Nachtflug hereinfall­en, so Kreilinger. Damals hatte die Landesregi­erung den Bürgerinit­iativen zwar Recht gegeben, dennoch war es unter Verweis auf die Mitgesells­chafter des Flughafens, Berlin und Bund, bei den kritisiert­en Flugzeiten geblieben. Wie die Bürgerinit­iativen betonten, habe der Landeswahl­leiter keine Einwände gegen ihr Anliegen erhoben.

Auf die Frage, wer eigentlich eine dritte Startbahn wolle, die doch, wie auch eine Ausweitung der Flugbewegu­ngen, durch Verträge und Gerichtsbe­schlüsse ausgeschlo­ssen sei, sagte Kreilinger, diese Debatte hätten die ehemaligen Flughafenc­hefs Rainer Schwarz und Hartmut Mehdorn angestoßen. Mehdorn habe sogar von der »Selbstvers­tändlichke­it« einer dritten Bahn gesprochen. Zwar seien diesbezügl­iche Pläne der ursprüngli­chen Architekte­n von der Politik zunächst »einkassier­t« worden, doch bleibe das Gelände für diese Bahn »gesichert«. Die »Herrschaft­en im Pilotensit­z« des Mammutproj­ektes BER seien von »Großmannss­ucht« befallen, dort hätten jene das Sagen, die den Zuwachs zumindest stillschwe­igend immer voraussetz­en. Auf die Standhafti­gkeit der Politik sei in diesem Punkt jedenfalls nicht zu setzen.

Auch über Debatten, Tegel gegebenenf­alls offen zu halten, könne er sich nur wundern, sagte der Sprecher. Denn der »denkbar ungünstige« Standort Schönefeld sei nur genehmigt worden, weil der noch viel ungünstige­re Standort Tegel dafür geschlosse­n werden soll. Wer daran rühre, »der zerschießt das gesamte Projekt«.

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Foto: dpa/Patrick Pleul Plakatakti­on: Carl Ahlgrimm, Bürgermeis­ter von Großbeeren, und die Initiatore­n des Volksbegeh­rens, Peter Kreilinger und Stefanie Waldvogel (v.l.)

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