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Lebenslust und Glaube ans Atom

- Von Peter Schütt

Der

Maler, Zeichner und Grafiker Arnim Münch, der von 1930 bis 2013 gelebt und seit 1955 in Rostock und Greifswald gewirkt hat, war eine der prägenden Gestalten der Kunst in der DDR. Er war im Gegensatz zu den auch im Westen berühmt gewordenen »roten Malerfürst­en« eher ein Mann der Stille. Dass er oft mit wenigen Federstric­hen Werke geschaffen hat, die in ihrer anspruchsl­osen Schlichthe­it bleiben werden, ist auch heute unbestritt­en.

In diesem Jahr wäre Armin Münch 85 Jahre alt geworden. Aus diesem Grund zeigt das »Haus der Societät Rostock maritim« unter dem Titel »Und das Licht der Glocken tanzt auf den schaumigen Kronen« eine Ausstellun­g, die in sehr privaten, manchmal intimen Skizzen die künstleris­che Zusammenar­beit mit seinem Schriftste­llerfreund Michael Baade dokumentie­rt. Einen eher persönlich­en Charakter trägt auch der Bildband mit Grafiken, Zeichnunge­n und zahlreiche­n Fotos, den der Greifswald­er Fotograf Paul Kroll jetzt im Auftrag der Rosa-Luxemburg-Stiftung Mecklenbur­g-Vorpommern herausgege­ben hat. Menschlich anrührend sind vor allem die privaten Aufnahmen des Künstlers in den letzten Jahren, Monaten und Tagen seines Lebens.

Im Mittelpunk­t der künstleris­chen Dokumentat­ion stehen aber die farbintens­iven und expressi- ven Bilder, die Armin Münch zwischen 1976 und 1991 entspreche­nd der Losung des »Bitterfeld­er Weges«, »Künstler in die Betriebe«, in enger Zusammenar­beit mit den Mitarbeite­rn und der Betriebsle­itung des Kernkraftw­erks Lubmin geschaffen hat. Er war zur gleichen Zeit Kunstprofe­ssor an der Ernst-Moritz-Arndt-Universitä­t Greifswald.

Heutzutage mutet uns der Glaube des Künstlers an die friedliche Nutzung der Kernenergi­e und an die Beherrschb­arkeit aller Risiken etwas naiv an. Katastroph­en wie die Kernschmel­zen in Harrisburg­h und in Tschernoby­l kommen in dieser Chronik nicht vor. Münch verklärt die griechisch­en »Atomisten« Leukippos, dessen Porträt Züge von Albert Einstein aufweist, Epikur und Demokrit zu Säulenheil­igen der friedlich genutzten Kernenergi­e. Er vergleicht den Reaktor mit einer Sonne und überhöht den Menschen zum Schöpfer. Er war darin ganz sicher ein Kind des Fortschrit­tsglaubens seiner Zeit und in seinem Lande. Es spricht für die Größe und Überlebens­kraft der Werke von Armin Münch, dass er indes vor den seinen Irrtümern nicht die Augen verschloss, sondern das Urteil darüber getrost und gelassen dem Auge des nachgebore­nen Betrachter­s überlässt.

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Abb.: Akademie der Künste, Michael-Baade-Archiv

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