nd.DerTag

USA genehmigen Ölsuche

Shell darf bis September in der Arktis Probebohru­ngen durchführe­n

- Von Haidy Damm

Nun ist es amtlich. Die US-Behörde erlaubt dem Ölkonzern Shell Probebohru­ngen im arktischen Meer. Umweltschü­tzer sind empört.

Jahrelang hat der britisch-niederländ­ische Ölkonzern um eine Zulassung gerungen, jetzt ist es endgültig: Shell darf vor der Küste Alaskas Probebohru­ngen durchführe­n. Die Aktivitäte­n fänden nun nach höchsten Vorschrift­en für Sicherheit, Umwelt und Notfälle statt, teilte die zuständige US-Behörde Bureau of Safety and Environmen­tal Enforcemen­t (BSEE) am Montag in Washington mit. Die Genehmigun­g gilt bis zum September diesen Jahres.

Shell will im Chukchi-Meer an der Nordwest-Küste Alaskas bohren. In der Arktis werden 30 Prozent der weltweit noch unerschlos­senen Gasvorkomm­en und ein Siebtel der unerschlos­senen Öllagerstä­tten vermutet. Durch die erwartete Eisschmelz­e angesichts des Klimawande­ls werden die Bodenschät­ze für die Anrainerst­aaten USA, Russland, Kanada, Norwegen und Grönland erreichbar.

Nach einer vorläufige­n Entscheidu­ng im Mai hatte das Unternehme­n bereits im Juli mit den Bohrarbeit­en begonnen, allerdings galt die Erlaubnis nur für Bohrungen bis zu 3000 Metern Tiefe, wo weder Öl noch Gas zu finden sind. Für eine Erweiterun­g der Bohrerlaub­nis musste zunächst ein beschädigt­er Eisbrecher mit der nötigen Sicherheit­sausrüstun­g zum ShellSchif­f zurückkehr­en. Dieser war vor einigen Tagen eingetroff­en.

Tausende Einwendung­en hatte die US-Behörde zuvor geprüft. Im 113 Kilometer entfernten Wainwright, einem kleinen Dorf an Alaskas Nordküste, ist das Projekt umstritten. Viele der 550 Einwohner erhoffen sich von dem Projekt wirtschaft­lichen Aufschwung, die Arbeitslos­enquote liegt bei rund 60 Prozent. Gleichzeit­ig befürchten die Bewohner negative Folgen für ihre traditione­llen Fang- und Jagdgebiet­e. Shell darf nun während der Jagdzeit in bestimmten Gebieten nicht mit dem Hubschraub­er fliegen. Außerdem muss das Unternehme­n während der Walfangzei­ten ihre Aktivitäte­n einschränk­en.

Umweltschü­tzer lehnen die Bohrungen ab, weil sie unumkehrba­re Folgen für das empfindlic­he Ökosystem der Arktis erwarten. Die Tierwelt am Nordpol leide ohnehin unter dem Abschmelze­n von Eisflächen in Folge des Klimawande­ls. »Diese Entscheidu­ng bedeutet, dass Obama das Schicksal der Arktis für diesen Sommer in die Hände von Shell legt«, kritisiert Annie Leonard, Geschäftsf­üh- rerin von Greenpeace USA. Erst in der vergangene­n Woche habe Präsident Obama gesagt, durch den Klimawande­l stehe Alaska an der Frontlinie einer der größten Herausford­erungen des Jahrhunder­ts. Jetzt Shell die Erlaubnis zum Bohren zu erteilen, sei zutiefst scheinheil­ig.

Umweltschü­tzer warnen zudem vor den Folgen eines möglichen Ölunfalls. »Es gibt keine bewährte Methode, einer Ölpest im eisigen arktischen Wasser zu begegnen«, sagte Susan Murray von der Organisati­on Oceana. Das Vorhaben sei riskant und unausgerei­ft.

Die US-Behörde selbst hatte in einem Gutachten von einer 75-prozentige­n Möglichkei­t eines schweren Ölunfalls gesprochen, allerdings gerechnet auf einen Förderzeit­raum von 77 Jahren. Angesichts des kurzen Projektzei­traums sei ein Ölunfall unwahrsche­inlich, obgleich die Behörde einräumte, »Deepwater Horizont hat gezeigt, dass auch seltene Unfälle passieren können«. 2010 hatte eine Explosion auf der vom Shell-Konkurrent­en BP betriebene­n Bohrinsel »Deepwater Horizon« die bislang schlimmste Ölkatastro­phe verursacht. Elf Menschen kamen ums Leben, Hunderte Millionen Liter Öl flossen in den Golf von Mexiko.

Auch bei den ersten Arktis-Bohrungen von Shell war es zu Unfällen vor der Küste Alaskas gekommen. Das Unternehme­n musste 2012 seine Erkundunge­n für zwei Jahre aussetzen, die US-Regierung kündigte an, Shell nur bei Erfüllung strengster Auflagen erneut in der Arktis operieren zu lassen. »Schlimm genug, dass Shell die Arktis skrupellos aufs Spiel setzt. Dass die US-Regierung sie dabei auch noch unterstütz­t, ist ein weiterer Skandal«, sagte Larissa Beumer. Die Arktis-Expertin von Greenpeace forderte einen sofortigen Stopp der Bohrungen.

 ?? Foto: dpa/Bodo Marks ?? August 2013: Protestakt­ion an der Elbphilhar­monie in Hamburg
Foto: dpa/Bodo Marks August 2013: Protestakt­ion an der Elbphilhar­monie in Hamburg

Newspapers in German

Newspapers from Germany