Mit »Grete« über die Elbmündung
Neuauflage der Fährverbindung Cuxhaven-Brunsbüttel startet am Mittwoch. Die Politik hofft auf Arbeitsplätze, die Konkurrenz fürchtet Einbußen
Nur 20 Monate dauerte der erste Versuch einer Fähre an der Unterelbe. Ein estnischer Betreiber glaubt an die Wirtschaftlichkeit des Unternehmens und wagt einen Neustart. Doch es gibt Kritik.
Sie heißen »Anne-Marie« und »Grete«, sind so genannte Doppelendfähren und sollen ab dem heutigen Mittwoch die Küstenstädte Cuxhaven und Brunsbüttel quer über die Elbmündung im 90-Minuten-Takt miteinander verbinden. Wieder verbinden, muss man sagen, denn es ist nicht der erste Versuch dieser Art. Niedersachsens Wirtschaftsminister Olaf Lies (SPD) und sein schleswig-holsteinischer Amtskollege und Parteifreund Reinhard Meyer wollen die Wiederaufnahme des Fährbetriebs auf bei- den Ufern und an Bord der »Anne-Marie« mit Pressekonferenzen, Reden und abschließendem Unterhaltungsprogramm zelebrieren.
Die Passage über die Unterelbe hat Geschichte. So hat etwa die Cuxhavener Unternehmerin Greten Handorf die Linie ab 1919 mit zwei Fischkuttern betrieben: Deren Namen, »Anne-Marie« und »Grete«, sollen nun auch die beiden künftigen Fähren tragen – aus Tradition. Seeleute, zumal abergläubische, dürften sich die Haare raufen. Denn Lies und Meyer haben – Politik ist eben auch Showbusiness – eigens zwei »Schiffstaufen« ankündigen lassen und ignorieren so die Tradition, dass ein Schiff nur einmal getauft wird.
Die beiden künftigen Elbfähren, Baujahr 2010, fuhren bislang als »Muhumaa« und »Saaremaa« für die estnische »Saaremaa Laevakompanii« und werden einfach umbenannt. Die Esten haben unter dem Namen ElbLink eine deutsche Firma mit Sitz in Cuxhaven gegründet; ab 2016 soll ein drittes Schiff es möglich machen, die 70-Minuten-Passage einmal pro Stunde zu bedienen.
Im März 2001 war der Bremer Spediteur Egon Herbert Harms nach nur knapp 20 Monaten mit dem Versuch einer Fährverbindung, dem Elbe-Ferry-Projekt, gescheitert. Seither ist beiderseits des Flusses viel diskutiert und auch konzipiert worden. Ein Gutachten der Rostocker Baltic Marine Consult errechnete 2013, eine Fährverbindung könne wirtschaftlich betrieben werden: Anfangs sei mit rund 48 000 Lkw, 265 000 Pkw und 625 000 Personen jährlich zu rechnen, Tendenz langsam steigend. Wirtschaftsförderer gingen auf Investorensuche, Ende 2014 meldete Saare- maa Interesse an. Niedersachsen hat für rund zwei Millionen Euro die Sanierung des Cuxhavener Kais finanziert, die Ertüchtigung des Anlegers auf Brunsbütteler Seite soll von ElbLink bezahlt worden sein; Niedersachsen betont, dass Betreiber und Fährbetrieb nicht gefördert würden, von Kiel liegt keine Auskunft vor.
Es geht nicht nur um die bessere Verbindung zwischen beiden Elbufern, sondern auch um ein bisschen Entlastung des verkehrlich ständig verstopften Großraums Hamburg. Die bestehende Elbfähre GlückstadtWischhafen, gleichfalls mit häufig langen Wartezeiten, sieht laut Chefin Hildegard Both-Walberg die Konkurrenz mit gemischten Gefühlen. »Sie nimmt was weg«, gefährde aber nicht den eigenen Betrieb. Allerdings: Die ohnehin gerichtlich von Both-Walberg angefochtenen Pläne für einen Elbtunnel im Zuge der Küstenautobahn (Westausbau der A 20), werden ihrer Meinung nach nun überflüssig. Was von Politikern beidseitig des Elbufers allerdings vehement bestritten wird.
Dauerarbeitsplätze schaffen durch Erhalt und Neugründung von Fähren – oder vernichten durch Tunnelbau? In der strukturschwachen Unterelbregion ist das eine wichtige Frage. Da bleibt es spannend, unter welcher Flagge »Grete« und »Anne-Marie« denn fahren werden: Noch im Mai soll Elb-Link-Geschäftsführer Christian Schulz erklärt haben, die beiden Fähren würden in Malta registriert – laut Angaben der Verkehrsgewerkschaft ITF eine Billigflagge. Aktuell wird das bestritten: »Die Schiffe werden umbenannt, bleiben aber vorerst in Estland registriert«, sagt Elb-Link-Betriebsleiter Bernd Bässmann.