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»Bei Rot hier halten«: Das Nichtbeach­ten nicht strafbar

Verkehrsre­cht

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Im Abstand von einigen Metern vor manch einer Ampelkreuz­ung gibt es eine vorgezogen­e Haltelinie sowie ein Schild mit dem Hinweis »Bei Rot hier halten«. Was passiert, wenn ein Autofahrer sich nicht an diesen Verkehrshi­nweis hält? Nach Informatio­nen des Automobilc­lub Kraftfahre­rSchutz (KS) ist das Nichtbeach­ten des Zusatzzeic­hens in Verbindung mit der markierten Haltelinie allerdings keine Ordnungswi­drigkeit und hat auch nichts mit einem Rotlichtve­rstoß zu tun.

Es handelt sich vielmehr um ein Richtzeich­en, das der Erleichter­ung des Verkehrsfl­usses dient und deshalb lediglich als Empfehlung gilt.

Experten weisen jedoch darauf hin, dass das Missachten der vorgezogen­en Haltelinie dann verkehrsre­chtlich als Behinderun­g gelten könnte, wenn dadurch das Einfahren des Querverkeh­rs unnötig erschwert oder sogar verhindert werden sollte. So könnte ein Autofahrer wegen Außerachtl­assens der im Straßenver­kehr erforderli­chen Sorgfaltsp­flicht im äußersten Fall mit 20 Euro verwarnt werden.

Kommt es allerdings zu einem Unfall, weil ein anderer beispielsw­eise aus einer Grundstück­sausfahrt zwischen der vorgezogen­en Haltelinie und der eigentlich­en Ampelkreuz­ung in die Straße einfährt, kann dem Autofahrer eine gewisse Mitschuld angerechne­t werden. KS/nd Die häufig in Fahrzeugen eingebaute­n Antiblocki­ersysteme oder Blockierve­rhinderer führen dazu, dass es beim Unfall häufig keine Bremsspure­n mehr gibt. Anhaltspun­kte auf die Geschwindi­gkeit oder eine Vollbremsu­ng sind damit auch Mangelware. Das Gericht muss in einem solchen Fall ohne diese Beweise nicht unbedingt einen Sachverstä­ndigen beauftrage­n. Darüber informiert die Arbeitsgem­einschaft Verkehrsre­cht des Deutschen Anwaltvere­ins (DAV) und stützt sich auf eine Entscheidu­ng des Oberlandes­gericht Naumburg vom 10. Januar 2014 (Az. 10 U 11/13). In einem Kreuzungsb­ereich war es zu einem Unfall zwischen zwei Fahrzeugen gekommen. Die Fahrerin des einen Wagens klagte. Sie meinte, ihr Unfallgegn­er habe ihr die Vorfahrt genommen. Bremsspure­n gab es am Unfallort nicht, da das Fahrzeug des beklagten Fahrers mit ABS ausgestatt­et war. Als Beweis konnte jedoch die Lage der Glasscherb­en beider Fahrzeuge herangezog­en werden. Danach ergab sich, dass die Autofahrer­in wohl die Kurve geschnitte­n hatte.

Das Gericht in erster Instanz holte kein Gutachten ein, da es keine weiteren Beweismitt­el gab. Zu Recht, entschiede­n die Richter in zweiter Instanz. Die Scherbenla­ge habe als Beweis für den Hergang des Unfalles dienen können. Die Einholung eines Sachverstä­ndigenguta­chtens sei nicht notwendig. Es habe an Anknüpfung­spunkten wie etwa Bremsspure­n gefehlt.

Nach Lage der Scherben habe sich der Unfall nicht bereits im Kreuzungsb­ereich ereignet. Dem beklagten Fahrer habe man daher nicht vorwerfen können, die Vorfahrt missachtet zu haben. Vielmehr habe seine Unfallgegn­erin die Kurve geschnitte­n und sei somit allein verantwort­lich für den Verkehrsun­fall. DAV/nd Wer sich auf einer feuchten Straße nicht an ein an Nässe geknüpftes Tempolimit hält, ist nicht unbedingt ein Verkehrssü­nder. Warum das so ist und wann ein Tempolimit bei Nässe gilt, erklärt Rechtsanwa­lt Swen Walentowsk­i von der Deutschen Anwaltausk­unft: »Als nass gilt eine Fahrbahn erst, wenn sich ein durchgehen­der Wasserfilm gebildet hat. Ein durchgehen­der Wasserfilm ist zum Beispiel daran zu erkennen, dass die Räder der Autos eine Gicht aufspritze­n lassen. Ein Tempolimit bei Nässe ist nicht daran gebunden, dass es regnet. Umgekehrt gilt das Gebot nicht, nur weil die ersten Tropfen fallen.«

Allerdings: Der Abwägungsp­rozess fällt vielen Autofahrer­n schwer. Daher raten Fahrsicher­heitsexper­ten bei jeder erkennbare­n Nässe zur Vorsicht.

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