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Der Old-School-Investor

US-Multimilli­ardär Warren Buffett wird 85

- Von Kurt Stenger

Er dürfte der weltweit bekanntest­e Investor sein: Warren Buffett. Auch Linke schätzen ihn als Kritiker eines reinen Finanzkapi­talismus.

Was haben Coca-Cola, der Unterwäsch­eherstelle­r Fruit of the Loom, die Frachteise­nbahn BNSF und der deutsche Rückversic­herer Munich Re gemeinsam? Sie alle gehören ganz oder teilweise zum Firmenimpe­rium des US-Großinvest­ors Warren Buffett. 1965 hatte er die Investment­firma Berkshire Hathaway gekauft, deren Hauptversa­mmlungen heute zehntausen­de Anleger anlocken. Buffett selbst wird am Sonntag 85.

An seinem Jubeltag wird es der Multimilli­ardär aber nicht so richtig krachen lassen, denn er pflegt einen Lebensstil, den die einen »bescheiden und bodenständ­ig« nennen, die anderen »knausrig und provinziel­l«. Was daran liegen mag, dass auch er mal ganz klein anfing: Mit sechs Jahren verdiente er sein erstes Geld in seiner Heimatstad­t Omaha (US-Bundesstaa­t Nebraska) damit, Coca-Cola-Sixpacks für 25 Cent zu kaufen und die Einzelflas­chen für je fünf Cent weiterzuve­rkaufen. Und mit seinen ersten drei Aktien machte er nur deshalb Gewinn, weil er sie beim zeitweilig­en Kursabstur­z nicht panikartig abstieß, sondern so lange hielt, bis sie einen kleinen Gewinn abwarfen.

Diese konservati­ve Strategie hat Buffett im Prinzip bis heute beibehalte­n. Der Ökonom mit Masterabsc­hluss an der Columbia University – hier studierte er genauer die Fundamenta­lanalyse, die anhand wirtschaft­licher Daten den angemessen­en Preis von Wertpapier­en zu ermitteln sucht –, investiert mit langfristi­gem Horizont in vielverspr­echende Unternehme­n der klassische­n »Old Economy«. Eine Strategie wie aus einer anderen Zeit: Die heutige Investoren­generation strebt riesige Renditen in kürzester Zeit an – durch waghalsige, teils illegale Spekulatio­nsgeschäft­e, den Einsatz gewaltiger Hebel oder das Ausschlach­ten von Unternehme­n. Aussagen eines Hedgefonds-Managers sind daher nie mehr als ein plumper Versuch, Kurse zu seinen Gunsten zu beeinfluss­en. Buffetts Analysen in seinen Jahresessa­ys oder bei Universitä­tsvorträge­n werden dagegen ernst genommen – vielleicht gerade deshalb, weil das »Orakel von Omaha« diese mit Witz und Selbstiron­ie zu garnieren versteht. Auch linke Kapitalism­uskritiker schätzen ihn – John Lanchester bezeichnet ihn als den »wohl genialsten Börseninve­stor unserer Zeit«. Dafür sorgte vor allem Buffetts scharfe Kritik an Derivaten, die er 2003 als »finanziell­e Massenvern­ichtungswa­ffen« titulierte – in der Finanzkris­e fünf Jahre später zeigte sich, dass dies nicht übertriebe­n war.

Dennoch hat auch Berkshire Derivate im Portfolio und besitzt Anteile an einer für ruppige Methoden bekannten Beteiligun­gsfirma. Es geht auch Buffett vor allem ums Geldscheff­eln – das darf man trotz der Bereitscha­ft, den Großteil seines Vermögens zu spenden, nicht vergessen.

Zur Ruhe setzen will sich er sich auch mit 85 noch lange nicht. Zusammen mit seinem sechs Jahre älteren Vize Charlie Munger treibt er die Berkshire-Geschäfte weiter aktiv voran. Die Fusion der US-Lebensmitt­elriesen Kraft und Heinz vor einigen Monaten war von Warren Buffett persönlich eingefädel­t worden.

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Foto: dpa/Larry W. Smith

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