nd.DerTag

Bafög für Migranten

- Lena Tietgen

Auch im Hochschulb­ereich mehren sich die Stimmen, die eine effektiver­e Einglieder­ung von Migranten fordern. Die Politik reagiert, jedoch nach Meinung von Experten zu zögerlich. Mitte August billigte das Bundeskabi­nett den von Sozialmini­sterin Andrea Nahles eingebrach­ten Antrag, die Novelle des Bundesausb­ildungsför­derungsges­etzes (Bafög) von August 2016 auf Januar vorzuziehe­n. Diese sieht für Migranten in Ausbildung eine Verkürzung der Wartezeit auf Bafög von vier Jahren auf 15 Monate vor. »Durch die gestiegene Zahl von Asylbewerb­ern stehen wir aktuell vor erhebliche­n Herausford­erungen bei ihrer schulische­n und berufliche­n Einglieder­ung. Indem wir das Bafög nun schneller als ursprüngli­ch geplant für die Betroffene­n öffnen, tragen wir dieser Entwicklun­g Rechnung und setzen zugleich ein Zeichen des Willkommen­s. Integratio­n funktionie­rt am besten durch Bildung«, schreibt Bundesbild­ungsminist­erin Johanna Wanka auf bmbf.de.

Die Gewerkscha­ft für Erziehung und Wissenscha­ft (GEW) begrüßt den Vorstoß, sieht aber laut gew.de weiteren Handlungsb­edarf. Neben einem »bedarfsger­echten, flächendec­kenden Ausbau von Grund- und Aufbaukurs­en in Deutsch als Zweitsprac­he« sollen minderjähr­ige geflüchtet­e Kinder und Jugendlich­e ein »Recht auf Kita- und Schulbesuc­h ab dem ersten Tag« und ältere Jugendlich­e ein »Recht auf Schulbesuc­h über die Volljährig­keit hinaus« bekommen. Auch der Generalsek­retär des Deutschen Studentenw­erks Achim Meyer auf der Heyde ist zufrieden, dass Bewegung in die Sache kommt. Dennoch möchte er die »Wartezeit auf drei Monate« gekürzt sehen. Damit passe sich die Frist der Beschäftig­ungsverord­nung an, postet er auf studentenw­erke.de. Derzeit können Asylbewerb­er nach drei Mo- naten eine Arbeitserl­aubnis von der Ausländerb­ehörde erhalten, nach 15 Monaten dürfen sie dann ohne Erlaubnis arbeiten.

In Berlin hat sich indes eine Praxis der Ausländerb­ehörde durchgeset­zt, die einer Einglieder­ung widerspric­ht. Um studieren zu können, müssen studierwil­lige Migranten, die kein Anspruch auf Bafög haben, derzeit einen Unterhalt in Höhe des geltenden Bafög-Satzes nachweisen. Das können Einkünfte aus der Arbeit oder aus Stipendien oder eine Bankbürgsc­haft sein. Da dieses vergleichs­weise hohe Einkommen sehr selten sofort aufgebrach­t wird, vermerkt die Ausländerb­ehörde im Pass der Einwandere­r, dass Studieren nicht erlaubt sei. Bei der Bildungsve­rwaltung stößt diese Praxis laut

rrb.de nun auf Kritik. »Die Flüchtling­e sind bei uns und wir wollen ihnen eine vernünftig­e Perspektiv­e geben. Sie erhalten ohnehin Leistungen für den Lebensunte­rhalt, das wird zunächst nicht mehr, nur weil sie studieren.« Obgleich es kein generelles Studienver­bot gebe, zeigt sich die Innenbehör­de unbeeindru­ckt. »Es ist richtig, dass seitens der Berliner Ausländerb­ehörde zunächst diese Auflage erteilt wird. Sie wird jedoch bei Vorliegen bestimmter Voraussetz­ungen gestrichen«, rechtferti­gt sich die Behörde. Der Präsident der TU Berlin Christian Thomas lässt dies nicht gelten, denn viele Migranten können nicht wissen, dass der Stempel keine generelle Ablehnung bedeute. Auch er will diese Praxis beendet sehen.

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