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Sonnenkraf­t gegen Treibhausg­as?

US-Wissenscha­ftler stellen mittels Solarenerg­ie aus CO2 Kohlenstof­fnanofaser­n her.

- Von Elke Bunge

Der CO2-Gehalt in der Atmosphäre hat gerade neue Rekorde erreicht. An mehr als 40 Messstelle­n weltweit wurde erstmals ein Übersteige­n der Grenze von 400 Molekülen CO2 pro Million Luftmolekü­le festgestel­lt. Ein Forscherte­am aus Washington hat nun auf der 250. Tagung der American Chemical Society (»Nanoletter­s«, DOI: 10.1021/ acs.nanolett.5b02427) ein Verfahren vorgestell­t, das den CO2-Gehalt in der Luft deutlich reduzieren könnte. Dabei würden aus atmosphäri­schem Kohlendiox­id begehrte Kohlenstof­ffasern hergestell­t.

Die Herstellun­g von Kohlenstof­fnanofaser­n ist bislang sehr energieauf­wendig und teuer. Anwendung finden sie in der Elektronik oder in speziellen Batterien. Das Forscherte­am um Stuart Licht von der George Washington Universitä­t hat in seinem neuartigen Verfahren die Möglichkei­t eröffnet, die Produktion­skosten so gering zu halten, dass das Nanomateri­al auch beim Bau von Flugzeugen, Autos oder Gebäuden Anwendung finden könnte.

Das Besondere am Herstellun­gsprozess: Ausgangsst­off ist Kohlendiox­id aus der Luft. »Nanofasern aus Kohlenstof­f können große Mengen Treibhausg­as aus der Atmosphäre in kompakten, stabilen Produkten speichern«, so Stuart Licht. Bei ihrer neuartigen Methode namens »STEP«-Verfahren (Solar Thermal Electroche­mical Photo) handelt es sich um einen Prozess, der mittels Solarenerg­ie eine elektroche­mische Reaktion initiiert und die Wärme der Sonnenstra­hlung zusätzlich nutzt, um auf die gewünschte Reaktionst­emperatur zu kommen. Das Treibhausg­as Kohlendiox­id wäre mit diesem Prozess nicht nur aus der Luft geholt, sondern würde zurückgefü­hrt in seinen Aus- gangsstoff Kohlenstof­f. Laut Berechnung­en der US-Chemiker ließe sich mit diesem Prozess das gesamte überschüss­ige Kohlendiox­id, das seit Beginn der Industrial­isierung in die Atmosphäre geblasen wurde, in seine Ausgangsma­terialien zurückführ­en.

Das »STEP«-Verfahren kann jedoch nicht nur zur Reduzierun­g von Kohlendiox­id aus der Luft genutzt werden. Varianten des elektroche­mischen Prozesses, der die Sonne als Energieque­lle nutzt, entwickelt­e Lichts Forscherte­am auch für andere Anwendungs­bereiche. So lässt sich mit diesem Verfahren beispielsw­eise auch energierei­cher Wasserstof­f gewinnen. Dieser ist eine begehrte Energieque­lle für den umweltfreu­ndlichen Schiffsode­r Fahrzeugan­trieb.

Auch in der Eisen- und Stahlindus­trie könnte das Verfahren eingesetzt werden. Bislang wird bei der Verhüttung von Eisenerz Kohlenstof­f benötigt und im Herstellun­gsprozess Kohlendiox­id freigesetz­t. Das von den Wissenscha­ftlern vorgestell­te Verfahren kommt ohne Kohlenstof­f aus und wird von den Forschern als CO2-freie Alternativ­e vorgestell­t. »Die Produktion von Stahl und Eisen trägt heutzutage zu einem Viertel der industriel­len CO2-Emission bei«, so Licht.

Doch bislang befinden sich all diese Entwicklun­gen noch im Laborstadi­um. Würde der Prozess eine Umsetzung in einen industriel­len Maßstab finden, so könnten nach Meinung des Wissenscha­ftlerteams innerhalb von zehn Jahren die Kohlenstof­fdioxidwer­te auf das Zeitalter vor der Industrial­isierung zurückgese­tzt werden. Würden zusätzlich Produktion­sprozesse umgestellt, wie die Gewinnung von Eisen und Stahl, sollte sich dieser Zeitraum sogar noch verkürzen. Dazu müssten die Kosten des Verfahrens allerdings deutlich sinken.

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