Berlins Asylpolitik
Neue Zürcher Zeitung, Schweiz
Sonderfall Sachsen
Auch wenn sich diese Gewalttaten über das ganze Land verteilen, stellt das ostdeutsche Bundesland Sachsen einen Sonderfall dar. Nirgendwo sonst in Deutschland sind rechtsradikale Einstellungen so weit in die Mitte der Gesellschaft vorgedrungen wie in Teilen Sachsens. Besonders deutlich wurde das im vergangenen Winter, als die islamfeindliche Pegida-Bewegung in der Landeshauptstadt Dresden mehrfach Zehntausende von Menschen auf die Straße brachte, sonst aber nirgendwo in Deutschland Fuß fassen konnte. Auch wenn die rechtsradikale NPD bei der Landtagswahl 2014 äußerst knapp den Wiedereinzug in den sächsischen Landtag verpasste, konnte sie in einigen Regionen erstaunliche Erfolge feiern.
Diena, Lettland
Proteste im Osten
Merkel machte sich auf den Weg nach Heidenau, nachdem sie kritisiert wurde wegen einer späten und zu milden Reaktion auf die gewalttätigen Proteste. In Deutschland, das in diesem Jahr rund eine Million Asylsuchende aufnehmen könnte, wurde in der ersten Jahreshälfte eine Rekordzahl an Angriffen registriert, die sich gegen Asylsuchende richteten. Die Offenheit der Bundesregierung für Asylsuchende, von denen die meisten aus Syrien und den Staaten des früheren Jugoslawien kommen, gefällt vielen Deutschen nicht. Die lautesten Proteste gibt es im Osten Deutschlands, wo der Lebensstandard niedriger ist und nur etwa 4 Prozent der Bevölkerung ausländischer Herkunft sind.
Guardian, Großbritannien
Geteilte Verantwortung
Angela Merkel hat gesagt, dass die Flüchtlingskrise zu den größten Herausforderungen der EU gehört, und dass diese Krise noch jahrelang andauern dürfte. Es ist inakzeptabel, den ärmeren Ländern Südeuropas einen großen Teil der Rechnung für diese Krise zu überlassen. Ohne ein Konzept geteilter Verantwortung werden die Rechtsradikalen, die in einigen deutschen Städten Flüchtlingsheime angegriffen haben, nur noch mehr Zulauf bekommen.
Kapital Daily, Bulgarien
Merkel als Vorbild
Deutschland wird Flüchtlinge aus Syrien nicht mehr in andere EUStaaten zurückführen, unabhängig davon, wo sie Asylanträge gestellt haben. Dies geschieht, nachdem der französische Präsident François Hollande und die deutsche Kanzlerin Angela Merkel zum ersten Mal nach den politischen Sommerferien zusammengetroffen waren. Nach dem Treffen bezogen beide Politiker klar Position gegen die Gewalt und die Diskriminierung von Migranten. Zumal in den vergangenen Tagen Heidenau und Dresden von Protesten gegen die Immigranten erschüttert wurden. Es wird nun erwartet, dass Merkels Entscheidung zum Vorbild für andere EU-Staaten wird.
Nepszabadsag, Ungarn
Grenzzaun überflüssig
Hurra, wir können uns ein paar Milliarden Forint sparen! Für die ungarische Regierung ist die Aussetzung der Dublin-Prüfung bei syrischen Flüchtlingen in Deutschland leider keine gute Nachricht, nachdem sie in den vergangenen Monaten eine hübsche, kleine HassKampagne darauf aufgebaut hatte, dass uns die entwickelten Länder bald die ganzen Einwanderer aufhalsen werden. Und der Grenzzaun ist nun endgültig überflüssig geworden.
Le Figaro, Frankreich
Berliner Beispiel
Die Bundeskanzlerin hat die Angelegenheit in die Hand genommen. Sie hat alle Verantwortlichen der EU aufgerufen, Lösungen für die Flüchtlingskrise zu finden. Eine derartige Initiative hätte auch aus Paris kommen können. Sie kam jedoch von der »Eisernen Dame« in Berlin. Was wäre (der französische Präsident) François Hollande ohne Angela Merkel? Die Bundeskanzlerin unterscheidet zwischen den Menschen, die vor Krieg und Verfolgung flüchten, und den Wirtschaftsflüchtlingen auf der Suche nach einem besseren Leben. Sie will Kriegsflüchtlinge aufnehmen, und die anderen nicht. Frankreich sollte diesem Beispiel folgen und viele West-Afrikaner in ihre Heimatländer zurückschicken, die ihr Glück in unserem Land suchen.