»Nur voran«: Tsipras eröffnet Wahlkampf
Umfragen: SYRIZA verliert deutlich / Knappes Rennen mit Nea Dimokratia / KKE attackiert »Volkseinheit«
Vor dem Hintergrund immer neuer Umfragen und der Abspaltung eines Teils des linken Flügels ist die SYRIZA-Spitze in den Wahlkampf gestartet.
Rücktritte im SYRIZA-Führungszirkel, eine Abspaltung, Streit um die Aufstellung der Kandidaten: Komfortabel wird man die Lage von Alexis Tsipras nicht nennen wollen. Am Wochenende startete der SYRIZA-Chef und Ex-Premier dennoch in den Wahlkampf: Wer über die innerparteilichen Konflikte trauern wolle, solle dies tun, sagte er. »Wer der Partei den Rücken kehren will, hat das Recht dazu. Aber wir gehen voran, nur voran.« Tsipras forderte dazu auf, sowohl SYRIZA als auch die sozialen Bewegungen für »eine neue Phase der Schlacht« zu mobilisieren. Be- reits zuvor hatte er erklärt, man habe den Leuten versprochen, gegen das Memorandum zu kämpfen – »und das ist, was wir tun«.
Ob Tsipras dazu auch noch nach dem 20. September Gelegenheit bekommt, ist offen. Es zeichnet sich ein knappes Neuwahlrennen ab. Am Wochenende hagelte es förmlich neue Umfragen: Die sehen SYRIZA nach deutlichen Verlusten zwar immer noch vorn. Doch die konservative Nea Dimokratia liegt nur knapp dahinter, obgleich die größte Oppositionspartei seit den Januar-Wahlen ebenfalls an Boden verloren hat. Während die Partei von Tsipras Werte zwischen 22,6 und 29 Prozent erhält – im Januar ging SYRIZA mit 36,6 Prozent durchs Ziel –, kommt die Nea Dimokratia auf Werte von 18 bis 27,8 Prozent.
Die großen Differenzen erklärten sich durch unterschiedliche Methoden der Institute. Einige Umfragen geben auch die Unentschlossenen und Nichtwähler an: Es sind derzeit zwischen 14,5 und 25,5 Prozent. Damit dürfte viel davon abhängen, welcher Partei es gelingt, die eigenen Anhänger am besten zu mobilisieren.
Die von SYRIZA abgespaltene »Volkseinheit« wird mit 3 bis 6,1 Prozent bewertet, die antikapitalistische Antarsya, bisher nicht im Parlament vertreten, kann auf 1,3 bis 1,4 Prozent hoffen – doppelt so viel wie noch im Januar. Allerdings würde sie an der Drei-Prozent-Hürde scheitern, so wie womöglich auch der bisherige SYRIZA-Koalitionspartner Anel, der nur noch Umfragezahlen zwischen 2 und 3,5 Prozent erreicht.
Die neonazistische Goldene Morgenröte kommt auf Werte zwischen 5,5 und 8,3 Prozent, im Januar hatte sie mit 6,3 Prozent den dritten Platz erreicht. Auf den hat nun auch die liberale To Potami Chancen, die zwischen 4 und 6,7 Prozent liegt. Neu ins Parlament könnte die Zentrumsunion gelangen, die zuletzt noch an der Sperrklausel scheiterte. Die sozialdemokratische Pasok hat in der Opposition nicht gewinnen können und steht bei 2,9 bis 5,4 Prozent.
Ebenfalls kaum verändert findet sich die kommunistische KKE wieder, sie steht bei 4,2 bis 6 Prozent und hatte im Januar 5,5 Prozent erreicht. Der Vorsitzende Dimitris Koutsoumbas griff jetzt nicht nur SYRIZA wegen deren Ja zum Kreditprogramm an – sondern auch die »Volkseinheit«. Die Partei von Panagiotis Lafazanis sei nicht besser als SYRIZA, weil sie »den kapitalistischen Pfad des Wachstums und der Mitgliedschaft in der Europäischen Union« weiter verfolge.