Steinmeier in Kabul
Außenminister sieht Versöhnung als Schlüsselfrage
Bundesaußenminister FrankWalter Steinmeier hat bei einem Besuch in Afghanistan weitere Friedensverhandlungen mit den Taliban angemahnt.
Berlin. »Die einzigartige Chance der begonnenen Friedensgespräche darf nicht vertan werden«, sagte Steinmeier nach Angaben des Auswärtigen Amtes am Sonntag in Kabul. In der afghanischen Hauptstadt traf der Bundesaußenminister Staatschef Aschraf Ghani und andere Regierungsvertreter.
Steinmeier war am Sonntagmorgen zu einem nicht angekündigten Besuch in Kabul eingetroffen. Der SPD-Politiker sagte nach der Landung, er reise in einer »schwierigen Übergangsphase« nach Afghanistan. Die Sicherheitslage sei angespannt, seit April habe es wieder vermehrt Anschläge gegeben. Trotzdem müssten die stockenden Gespräche mit den radikalislamischen Taliban, die Präsident Ghani »mutig gestartet« habe, unbedingt fortgesetzt werden.
Ohne den Aussöhnungsprozess innerhalb Afghanistans und eine Annäherung an das Nachbarland Pakistan werde es weder eine Verbesserung der Sicherheitslage noch einen beschleunigten Wiederaufbau geben, erklärte Steinmeier nach Angaben seines Ministeriums. Beides müsse fortgesetzt werden, »damit die Menschen in Afghanistan nach vielen Jahren des Leidens ihre Perspektive auf ein besseres Leben erhalten«.
Eine erste Gesprächsrunde zwischen der afghanischen Regierung und den Taliban hatte im Juli in der pakistanischen Stadt Murree stattgefunden, eine für Ende Juli geplante zweite Runde kam wegen des Machtwechsels bei den Taliban nach dem Tod ihres Anführers Mullah Omar nicht zustande.
Die afghanischen Sicherheitskräfte müssen erstmals einer Sommeroffensive der Taliban praktisch allein die Stirn bieten. Der NATOgeführte Kampfeinsatz in Afghanistan war zum Jahreswechsel nach 13 Jahren zu Ende gegangen. Abgelöst wurde er durch einen Folgeeinsatz zur Unterstützung der afghanischen Sicherheitskräfte durch Ausbildung und Beratung. Auch die Bundeswehr beteiligt sich daran mit mehreren hundert Soldaten.
Steinmeier sagte Kabul die weitere Unterstützung Deutschlands im zivilen Bereich und bei der Ausbildung der Sicherheitskräfte zu.
Anschließend wollte Steinmeier ins Nachbarland Pakistan weiterreisen, wo er mit Regierungschef Nawaz Sharif zusammenkommt. Eine Verständigung mit Pakistan auf eine »gemeinsame Strategie gegen Terror und Gewalt« sei der Schlüssel für Stabilität und Entwicklung in der Region, sagte der Minister.
Islamabad hatte die Taliban in den 90er Jahren unterstützt und sieht sich Vorwürfen ausgesetzt, dies noch immer zu tun, um Einfluss auf Afghanistan auszuüben. Nach Anschlägen in den vergangenen Wochen hatte Afghanistans Präsident Ghani der pakistanischen Regierung vorgeworfen, weiterhin »Training-Camps für Selbstmordattentäter und Bombenfabriken« in ihrem Land zu dulden.