Mein Freund aus dem Kombibad
Senat beteiligt sich an Förderprojekt, das Nichtschwimmerquote senken will
Die Nichtschwimmerquote unter Schulkindern steigt. Ein Projekt versucht, dem mit Patenschaften für Gratisschwimmkurse entgegenzuwirken.
»Das war doch super und du hast die ganze Zeit die Arme gerade gehabt.« So hört sich eine Mutter an, deren Kind in diesem Sommer Schwimmen gelernt hat. An einem trüben Augustmorgen im Kombibad Mariendorf sind gleich mehrere Dutzend neue Minineuschwimmer angetreten, um in einer »Seepferdchenparade« zu zeigen, was sie in den Ferien gelernt haben. Organisiert haben das die Berliner Bäder-Betriebe (BBB), die in den letzten sechs Wochen täglich Schwimmkurse in 15 ihrer Bäder angeboten hatten. Insgesamt haben über 2400 Kinder teilgenommen. Nicht alle haben es geschafft. »Mein Sohn war noch nicht so weit«, sagt Wioletta Lebieczinski. Der siebenjährige Lukas hat es ohne Schwimmhilfe noch nicht über die 25-Meter-Bahn geschafft. »Nächstes Mal«, verspricht er.
»Die Nichtschwimmerquote unter Berliner Schulkindern ist in den letzten Jahren von 17 Prozent auf 18 Prozent gestiegen«, sagt Sportstaatssekretär Andreas Statzkowski (CDU). Die Nichtschwimmerquote für das Schuljahr 2014/15 will die Senatsbildungsverwaltung in den nächsten Wochen veröffentlichen.
Erst im Frühjahr war eine Welle der Entrüstung losgebrochen als bekannt wurde, dass 40 Prozent der Neuköllner Schulkinder auch nach der dritten Klasse, in der der Schwimmunterricht obligatorisch ist, nicht schwimmen können. Insbesondere dort, wo viele Arbeitslose und Migranten leben, lautete damals das einhellige Fazit, sei die Angst vor dem Wasser am verbreitetsten. Schwimmlehrerin Petra Schemel, die Kurse für Kinder im Kombibad Mariendorf leitet, kann das nicht bestätigen. »Bei Kindern mit Migrationshintergrund muss man einfühlsamer durch die Sprache sein, vieles erklären, aber dann sind sie genauso motiviert wie alle anderen auch«, sagt sie.
Hinzu kommt, dass Schwimmkurse nicht gerade günstig sind. Der dreiwöchige Ferienkurs der Berliner Bäderbetriebe kostet 75 Euro. Dafür bekommen die Kinder aber einen richtig harten Crash-Kurs. Drei Wochen lang geht es jeden Tag für 45 Minuten in den Schwimmunterricht, der aus Wassergewöhnung, Schwimm- und Tauchübungen besteht. Über drei Viertel der insgesamt 2417 Kinder besteht am Ende die Seepferdchenprüfung. In diesem Jahr haben es sogar ein paar bis zum Goldabzeichen geschafft. Petra Schemel, Schwimmlehrerin
Um auch Kindern aus einkommensschwächeren Haushalten den Besuch zu ermöglichen gibt es seit einem Jahr das Projekt »Schwimmen für alle«. Durch Patenschaften, die eine Restaurantkette, die Deutsche Kinderhilfe und seit diesem Jahr auch die Senatsverwaltung für Gesundheit über das Bildungs- und Teilhabepaket (BuT), übernehmen, kön- nen sie an den regulären Kursen teilnehmen. Und der Bedarf ist da. Die Zahl der Kinder, die den Kurs erstattet bekommen, ist seither gestiegen. Waren es im letzten Jahr noch etwas über 400 Kinder sind es in diesem Jahr schon fast 800. Die meisten Eltern wurden über bei den Schuleinganguntersuchungen auf das Angebot aufmerksam gemacht. »Wir sind außerordentlich zufrieden, wie das Projekt sich entwickelt hat«, sagt Burghard Menke, Leiter des Kurssystems bei den Berliner Bäder-Betrieben. Nur an der Durchfallerquote bei den Patenschaftskindern muss noch gearbeitet werden, sie ist mit 35 Prozent doppelt so hoch wie bei den nicht geförderten Kindern.
Schwimmlehrerin Petra Schemel ist davon überzeugt, dass es bei dem Projekt nicht nur ums Schwimmenlernen geht. »Es haben sich Freundschaften und viele Fahrgemeinschaften gebildet«, sagt sie. Außerdem sei es ein enormes Erfolgserlebnis, drei Wochen lang auf ein Ziel hingearbeitet zu haben. Ein Großteil kam tatsächlich drei Wochen jeden Tag zum Training. Auch im nächsten Jahr, so versprechen alle Beteiligten, wird das Projekt fortgeführt.
»Es haben sich Freundschaften in der Zeit gebildet.«