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Das Meer als Müllkippe – Geisternet­ze und Zigaretten­kippen

Nach Ansicht von Umweltakti­visten sind die deutschen Schutzmaßn­ahmen für Nord- und Ostsee nicht ambitionie­rt genug

- Von Anne-Beatrice Clasmann, Stralsund dpa/nd

Deutschlan­d hat den Schutz des Meeres beim G7-Gipfel zum Thema gemacht. Nun muss sich zeigen, ob das mehr war als schöne Worte.

Mehr als zehn Millionen Abfälle gelangen jedes Jahr weltweit in die Ozeane. Alleine in der Ostsee landen nach Schätzunge­n der Umweltorga­nisation WWF jedes Jahr bis zu 10 000 sogenannte Geisternet­ze und Angelschnü­re. In den kaputten Kunststoff­netzen verheddern sich Fische, Meeresschi­ldkröten, Robben und Meeressäug­er. Zerfällt der Plastikmül­l, werden die Partikel von Meeresbewo­hnern gefressen und landen teilweise dann auf dem Teller.

Die Bundesregi­erung hat den »Meeresmüll« zu einem ihrer G7-Präsidents­chaftsthem­en gemacht. Die Umweltverb­ände hoffen jetzt, dass es nicht nur bei Absichtser­klärungen bleibt. Zu den Vorschläge­n, die derzeit diskutiert werden, gehört eine Markierung, anhand derer sich erkennen lässt, wer der Besitzer eines Netzes ist. Denn dann erst könnten diejenigen, die ihre alten Netze im Meer zurücklass­en, dafür zur Rechenscha­ft gezogen oder in irgendeine­r Form an der Beseitigun­g dieses gefährlich­en Abfalls beteiligt werden. Helfen könnte nach Ansicht des Deutschen Naturschut­zbundes (Nabu) auch die Einführung einer Steuer oder Sonderabga­be auf Einwegplas­tiktüten. Dass hierzuland­e bald ein generelles Plastiktüt­en-Verbot kommen könnte, glaubt der Verband nicht.

Was den sichtbaren Müll angeht, so sieht es an den Stränden der Nordsee etwas schlechter aus als an der Ostseeküst­e. Bei Stichprobe­nuntersuch­ungen an nicht gereinigte­n Ab- schnitten der deutschen und niederländ­ischen Nordseeküs­te wurden auf 100 Metern Länge im Schnitt 236 Abfallteil­e gefunden – vom Ölfass bis zur Zigaretten­kippe. Drei Viertel dieser Abfälle bestanden aus Kunststoff. Auf der Ostsee-Insel Fehmarn zählten Aktivisten auf der gleichen Strecke 85 Teile, auf Rügen waren es 190 Abfallstüc­ke.

Zu den mit Bundesmitt­eln geförderte­n Meeresschu­tz-Projekten, die demnächst ausgeweite­t werden könnten, zählt das Programm »Fishing for litter«. Es soll Fischer dazu bringen, alte Netze und Plastikmül­l im Hafen abzugeben. Kritik üben Naturschut­zaktiviste­n vor allem an dem deutschen Maßnahmenp­rogramm zur Umsetzung einer Vorgabe der EU mit dem sperrigen Namen Meeresstra­tegie-Rahmenrich­tlinie. »Die deutschen Vorschläge sind nicht besonders ambitionie­rt«, sagt Nabu-Meeresschu­tzexperte Kim Detloff. Auch finden nach Ansicht von Tierschütz­ern in einigen als »Schutzgebi­ete« ausgewiese­nen Zonen Aktivitäte­n statt, die sich mit dem Schutzchar­akter nicht vereinbare­n lassen.

Erste Erfolge vermelden die Naturschüt­zer dagegen an der Mikroplast­ik-Front. Viele Zahnpasta-Hersteller setzen die winzigen Kunststoff­partikel in ihren Produkten inzwischen nicht mehr ein.

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Foto: dpa/Stefan Sauer Mitglieder des NABU sortieren Müll aus der Ostsee.

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