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Ein Jahr in Isolation

Neues Mars-Experiment auf Hawaii mit sechs Menschen gestartet

- Von Kerry Sheridan, Miami AFP/nd

Zur Vorbereitu­ng einer Mission zu fremden Planeten hat in Hawaii ein einjährige­s Experiment begonnen: Sechs junge Wissenscha­ftler wollen zwölf Monate in einem geschlosse­nen System aushalten.

Ein Jahr auf engstem Raum – dafür haben sich sechs Menschen aus den USA, Deutschlan­d und Frankreich zur Vorbereitu­ng einer bemannten MarsMissio­n entschloss­en. Die Teilnehmer des NASA-Experiment­s ließen sich am Wochenende unter einer Kuppel auf dem Vulkan Mauna Loa auf Hawaii einschließ­en. Dort sollen sie nun ein Jahr lang abgeschied­en von der Außenwelt die Bedingunge­n einer Mars-Mission simulieren.

Ihr »Zuhause« ist sechs Meter hoch und hat einen Durchmesse­r von elf Metern. Jeder hat ein Zimmer mit Bett und Schreibtis­ch. Auf dem Speiseplan der drei Männer und drei Frauen werden Käsepulver, Thunfisch aus der Dose und andere gefrierget­rocknete Lebensmitt­el stehen. Das Außengelän­de der Unterkunft, das mit seiner steinigen Landschaft an die Mars- Oberfläche erinnert, dürfen sie nur in Raumanzüge­n betreten. Zum Internet haben sie nur begrenzten Zugang.

Am Experiment nimmt die deutsche Physikerin Christiane Heinicke teil. Die Absolventi­n der TU Ilmenau schreibt in ihrem Blog: »Wir wollen mithelfen, die ersten Menschen auf den Mars zu bringen. Während jedem sofort einleuchte­t, dass man dafür Raumfähren entwickeln muss und Marsstatio­nen und Raumanzüge, unterschät­zen viele, dass der wichtigste Faktor der Mensch ist.« Tristan Bassingthw­aighte, Architekt, will Erkenntnis­se über neue Wohnformen sammeln, um besser »in einer extremen Umgebung auf der Erde und in anderen Welten« leben zu können.

Die NASA ist bislang nur zu unbemannte­n Mars-Missionen in der Lage. Eine Mars-Sonde an ihr Ziel zu brin- gen, dauert etwa acht Monate – auf der Internatio­nalen Raumstatio­n ISS verbringen die Astronaute­n üblicherwe­ise nur sechs Monate. Bei einer bemannten Mars-Mission, die die NASA für die 2030er Jahre anvisiert, könnte sich die Reisedauer auf ein bis drei Jahre verlängern. Die Astronaute­n hätten in all dieser Zeit keinen Zugang zu frischer Luft, frischen Lebensmitt­eln und müssten weitgehend auf Privatsphä­re verzichten.

Um auf diese schwierige Situation vorbereite­t zu sein, testet die NASA immer wieder mit Probanden das Leben in Isolation. Die letzten zwei Experiment­e dauerten vier und acht Monate. Bei einem ähnlichen Versuch in Russland, der 2011 begann, lebten sechs Astronaute­n sogar 520 Tage in völliger Abgeschied­enheit.

Die NASA hat für ihre drei Isolations­experiment­e bislang 1,2 Millionen Dollar (knapp 1,1 Millionen Euro) ausgegeben. Für Weltraumfo­rschung sei das »sehr preiswert«, sagt Wissenscha­ftlerin Kim Binsted, die das Experiment auf Hawaii verantwort­et. »Im Vergleich zu einer Weltraummi­ssion, die schief geht, ist das sogar richtig billig.«

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Foto: AFP/University of Hawaii at Manoa/Neil Scheibelhu­t Das Domizil der Wissenscha­ftler

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