nd.DerTag

Nicht jetzt, bitte!

- Uwe Kalbe zum Missbrauch der Flüchtling­spolitik durch die SPD

Die SPD hat die Gelegenhei­t erkannt. Das Flüchtling­sdrama bietet ihr die Chance, auf die sie kaum noch zu hoffen wagte. Endlich herauszuko­mmen aus der Rolle des hässlichen Entleins in der Koalition, womöglich aus dem Umfragetie­f, aus den Debatten, ob man noch einen eigenen Kanzlerkan­didaten brauche für die Bundestags­wahl 2017. EUParlamen­tspräsiden­t Martin Schulz, der alte Haudegen mit Gespür für die Kampfansag­e zur rechten Zeit, sprach am Montag davon, Parteichef Gabriel habe die Meinungsfü­hrerschaft im Lande übernommen. Meinungsfü­hrerschaft, welch eine Labsal für gedemütigt­e Politikers­eelen!

Sozialdemo­kraten beanspruch­en Meinungsfü­hrerschaft, um alternativ­e Problemlös­ungen anzubieten, die Gesellscha­ft für diese zu gewinnen, sollte man meinen. Doch es geht nicht um eine neue Sicht auf das Flüchtling­sproblem, eine neue Herangehen­sweise an die Fluchtursa­chen, nicht um die Verantwort­ung des Westens. Und die EU scheint auch für Parlaments­präsident Schulz derzeit nur Projektion­sfläche zur Kritik an säumigen Partnern zu sein. Der Kanzlerin die Anerkennun­g wegzuschna­ppen, in einem Moment, da sie zu schwächeln scheint – darum geht es. Flugs hat die SPD ihre Ideen für das Treffen der Koalitions­spitzen am Sonntag aufgemacht, in Form von Rechnungen, die sich aus dem Haushalt realisiere­n lassen. Was die SPD außerdem denkt über den Umgang mit dem Flüchtling­sproblem, das konnte man zur gleichen Zeit auf der Pressekonf­erenz der Kanzlerin hören. Denn eigentlich ist man sich ja einig.

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