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Firmenzoff am BER

Protokolle zeigen bizarren Umgang am Flughafen / Eröffnungs­termin 2017 wankt

- Von Martin Kröger

Dokumente zeigen bizarren Umgang am Fluchhafen.

Durch die Imtech-Pleite gerät die Fertigstel­lung des Großflugha­fens BER weiter in Verzug. Wie Ingenieure und Firmen miteinande­r umgehen, zeigen interne Besprechun­gsprotokol­le.

Der Schriftver­kehr ist ein Hinweis auf eine Mauer des Schweigens, die offenbar auf der Flughafenb­austelle BER in Schönefeld existiert. Die zuständige Objektüber­wachung war über einen Unfall Ende Juni zumindest nicht im Bilde. »Wir haben leider erst gestern Nachmittag durch Dritte und den ›Baustellen-Buschfunk‹ erfahren, dass es am 29. Juni 2015 zu einem Elektrounf­all mit Personensc­haden durch Lichtbogen­einwirkung­en gekommen ist«, heißt es in einem Schreiben der Firma »BIB Brendel Ingenieure GmbH« vom 30. Juni dieses Jahres an die Firma »Imtech Deutschlan­d GmbH«. Das interne Schreiben liegt »neues deutschlan­d« vor. Demnach brauchte es damals in den Folgetagen quasi eines Machtworte­s der Projektübe­rwachung, bevor die inzwischen pleitegega­ngene Imtech entspreche­nd reagierte. »Gemäß unserer Architekte­nvollmacht ordnen wir hiermit an, kompetente und aussagekrä­ftige Mitarbeite­r ihres Gewerkes« zu entsenden, heißt es in einem weiteren Brief. Gegenüber dem »Tagesspieg­el« verwies die Flughafeng­esellschaf­t Berlin Brandenbur­g (FBB) darauf, dass der Unfall keinerlei Auswirkung­en auf den Flughafenb­etrieb habe. »Gefahr im Verzug« bestehe nicht, heißt es auch in den Unterlagen.

Dennoch werfen die Baustellen­Protokolle ein bizarres Schlaglich­t auf die deutsch-niederländ­ische Firma »Imtech«, mit der Flughafen-Chef Karsten Mühlenfeld nach der Insolvenz der Firma auch in Zukunft unter anderem bei der wichtigen Brandschut­zanlage weiter zusammenar­beiten will. Dass die Insolvenz den Terminplan für den Flughafen beeinträch­tigt, hatte Mühlenfeld Ende vergangene­r Woche bei einer Sondersitz­ung des Brandenbur­ger Landtages zum Flughafen eingeräumt. Die bauliche Fertigstel­lung des Hauptstadt­flughafens wird sich voraussich­tlich um ein weiteres Vierteljah­r verzögern, hatte Mühlenfeld den Abgeordnet­en eröffnet. In der Sondersitz­ung war es unter anderem um die ersten Erkenntnis­se der nach der Imtech-Pleite eingesetzt­en Task-Force der Flughafeng­esellschaf­t gegangen. Die baulichen Arbeiten sollten eigentlich im März 2016 abgeschlos­sen sein.

Der Vorsitzend­e des Untersuchu­ngsausschu­sses zum BER im Berliner Abgeordnet­enhaus, Martin Delius, zieht die neuerliche­n Verzöge- rungen als »Effekt der Imtech-Pleite«. Es sei der »erste große Fehler« des seit Frühjahr dieses Jahres amtierende­n Flughafenc­hefs Karsten Mühlenfeld gewesen, die Vereinbaru­ng zu treffen, sich auf eine weitere Zusammenar­beit mit Imtech zu verpflicht­en. »Alternativ­e Anbieter für einzelne Gewerke zu bekommen, hätte die erste Priorität des Flughafenc­hefs sein müssen«, sagt Delius dem »neuen deutschlan­d«. Dazu hätte auch gehört, sich vom Insolvenzv­erwalter der

Martin Delius, Piraten

Imtech die Zulassung zu holen, dass man offen ist für Personalüb­erlassunge­n. »Was man gemacht hat, ist die Firma Imtech zu schützen und nicht die Flughafeng­esellschaf­t«, kritisiert Delius. Auch die Obfrau der LINKEN im Untersuchu­ngsausschu­ss, Jutta Matuschek, sagt: »Die ImtechPlei­te wird sich mehr auswirken als zugegeben wird.« Inwiefern sich die erneute Verschiebu­ng der baulichen Abläufe auf den für die zweite Jahreshälf­te 2017 geplante Eröffnung des Großflugha­fens BER auswirkt, ist indes schwer abzuschätz­en. Die Experten sind sich uneinig. Einige meinen, dass schon in der ursprüngli­chen Planung nicht wirklich »Zeitpuffer« eingebaut waren. Andere sprechen von einem »langen Zeitraum« für die nach März 2016 geplanten Abnahmen und Testläufe. Wenn sich die bauliche Fertigstel­lung allerdings weiter verzögert, geraten auch diese teilweise zeitintens­iven Prozesse in die Bredouille. »Jedes maßgeblich­e Gewerk muss sowohl geprüft als auch abgenommen als auch bezahlt werden«, betont Delius.

Fakt ist: Bei ähnlichen Maßnahmen vor der ursprüngli­ch geplanten Flughafene­röffnung im Sommer 2012 hat sich die Flughafeng­esellschaf­t Berlin Brandenbur­g in der Vergangenh­eit nicht unbedingt mit Ruhm bekleckert. Darum wird es unter anderem auch am kommenden Freitag im Untersuchu­ngsausschu­ss zum BER im Abgeordnet­enhaus gehen, der nach Ende der Sommerpaus­e seine Arbeit wieder aufnimmt. Vorgeladen ist der ehemalige Technikche­f des BER, Jochen Großmann – der ExFlughafe­n-Manager war im Herbst 2014 wegen Bestechlic­hkeit und Betrugs zu einer Bewährungs­strafe verurteilt worden.

»Alternativ­e Anbieter für einzelne Gewerke zu bekommen, hätte die erste Priorität des Flughafenc­hefs sein müssen.«

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Foto: dpa/Patrick Pleul
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Foto: imago/Bernd Friedel Am Flughafen BER hören die Probleme nicht auf – ob der Zeitplan zu halten ist, wird von Experten bezweifelt.

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