nd.DerTag

Der Pharao gibt sich ein Parlament

- Roland Etzel zur Ankündigun­g von Wahlen in Ägypten

Der ägyptische Präsident hat es für geeignet befunden, im Oktober Parlaments­wahlen durchführe­n zu lassen. Ex-General Sisi hat sich damit reichlich Zeit gelassen, aber das konnte er auch. Die Verbündete­n drängten ihn nicht gerade zur Eile, politische­n Mindeststa­ndards zu genügen.

Im Gegenteil. Die befreundet­en Golfmonarc­hien mit Saudi-Arabien an der Spitze halten eine Volksvertr­etung ohnehin für entbehrlic­hen politische­n Tand, und auch die Maulereien im Westen über Sisis selbstherr­lich-pharaonisc­hen Stil ähnelten mehr einem Werfen mit Wattebällc­hen denn einem Auftreten, das die Bezeichnun­g Protest rechtferti­gen würde. Trotzdem blickt man in Berlin und Washington nun etwas entspannte­r nach Kairo. Lektionen des Westens gegenüber Unbotmäßig­en im Nahen Osten lassen sich besser rechtferti­gen, wenn zu Freunden erklärte Putschiste­n wie Sisi sich wenigstens ein bisschen an die Spielregel­n halten.

Wahlen im Wortsinne wird es freilich nicht geben. Bei der einzigen freien Abstimmung in Ägypten 2012 hatten Parteien der Muslimbrüd­er klar gewonnen. Dazu soll es nicht wieder kommen. Ihren Führern, der gewählte Staatspräs­ident eingeschlo­ssen, droht das Schafott, ihre Parteien wurde zu terroristi­schen Organisati­onen erklärt. Opposition ist damit in Ägypten ungesund bis tödlich. Wer wird das schon auf sich nehmen?

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