Moralische Trittbrettfahrer
Es ist noch eine Weile, bis die nächste Metalltarifrunde beginnt, doch die Arbeitgeber haben offenbar schon Argumente im Testbetrieb. Man brauche im Tarif eine neue Niedriglohngruppe, um etwa Flüchtlingen eine Chance geben zu können, so der Metallarbeitgeberchef von NordrheinWestfalen: Das System sei zu starr, der Abstand vom niedrigsten Tarif zum Mindestlohn sei zu hoch für einfache Arbeiten!
Das Argument ist in der Sache falsch, denn tatsächlich gibt es gerade in der Metallbranche einen stetig wachsenden Niedriglohnbereich. Selbst bei den reichen Autokonzernen werden immer mehr Jobs über Werkverträge in tariflose Zonen abgedrängt. Es ist im Ton paternalistisch, setzt es doch stillschweigend voraus, dass Flüchtlinge vor allem für Hilfstätigkeit infrage kämen. Geradezu demagogisch aber ist seine Logik, Lohnsenkungen im Sommer der Flüchtlinge als Integrationshilfe anzupreisen.
Seit Monaten macht sich die Arbeitgeberseite dafür stark, Flüchtlingen die Aufnahme von Arbeit zu erleichtern. Das ist lobenswert – wenn solche Forderungen nicht in Wirklichkeit zum Ziel haben, Standards zu senken und Beschäftigte gegeneinander auszuspielen. Hat der Vorstoß aber eine solche Zielrichtung, geht es um moralische Trittbrettfahrerei, die ein Gegenteil von Integration bewirkt. Und gerade so will es nun aussehen.