LINKE will Leiharbeit abschaffen
Am Montag begann bundesweite Kampagne »Frist oder stirb?«
Die Linkspartei wird sich in den kommenden Wochen verstärkt der Leiharbeit und der befristeten Beschäftigung widmen. Zum Kampagnenstart forderte der Parteichef ein Ende der Zeitarbeit.
Seit Monaten überschlagen sich die Jubelmeldungen über neue Positivrekorde am deutschen Arbeitsmarkt. Zur Jahresmitte waren fast 43 Millionen Menschen erwerbstätig. So viel wie nie zuvor in der Geschichte der Bundesrepublik. Im beschäftigungspolitischen Freudentaumel geraten jene aus dem Blick, deren Arbeitsverhältnisse alles andere als sicher sind. Die LINKE will nun zwei der betroffenen Gruppen stärker ins öffentliche Bewusstsein rücken. Am Montag startete die Partei in Berlin ihre Kampagne »Frist oder stirb?«, um so auf die unsicheren Arbeitsbedingungen für befristet Beschäftigte und Leiharbeiter aufmerksam zu machen. Die Aktion ist Teil zwei der im Mai angelaufenen Langzeitkampagne »Das muss drin sein«, mit der die LINKE bis zur Bundestagswahl ihr sozialpolitisches Profil schärfen will.
In den nächsten Wochen soll es zu den Themen Befristung und Leiharbeit zahlreiche Infostände vor Berufsschulen und Betrieben geben. Zudem will man verstärkt mit Auszubildenden ins Gespräch kommen. Parallel dazu sammelt die Partei Unterschriften »gegen unsichere Arbeitsverhältnisse«. Zu den ersten Unterzeichnern gehörten am Montag die beiden Parteichefs Katja Kipping und Bernd Riexinger.
Der ehemalige Gewerkschaftssekretär sprach sich vor Journalisten dafür aus, die Leiharbeit ganz zu verbieten. Zumindest aber sollte das Prinzip »Gleicher Lohn für gleiche Arbeit« gelten, so Riexinger. Derzeit würden die bundesweit 880 000 Leiharbeiter nicht einmal 60 Prozent des durchschnittlichen Entgelts der fest angestellten Beschäftigten ihres Betriebes verdienen.
Zweiter Schwerpunkt der Kampagne sind die befristeten Arbeitsverträge, von denen »insbesondere junge Menschen betroffen sind«, wie Riexinger kritisierte. Bundesweit gebe es derzeit etwa 2,8 Millionen befristete Arbeitsverhältnisse. Die hiervon Betroffenen lebten »in ständiger Unsicherheit durch Befristung«, so Riexinger. Mittlerweile erfolge bei- nahe jede zweite Neueinstellung unter Vorbehalt, unterstrich der Parteivorsitzende. Die offiziellen Zahlen scheinen ihm Recht zu geben: Erst vor wenigen Tagen hatte das Statistische Bundesamt (Destatis) gemeldet, dass die Befristungsquote seit 1991 von 5,8 Prozent auf mittlerweile 8,1 Prozent angestiegen sei. Noch dramatischer ist die Lage an den Hochschulen, wo rund 80 Prozent des wissenschaftlichen
Die Aktion ist Teil zwei der Kampagne »Das muss drin sein«, mit der die LINKE ihr sozialpolitisches Profil schärfen will.
Personals befristet beschäftigt ist. Ein Großteil dieses akademischen Prekariats hat dabei Verträge mit einer Laufzeit von weniger als zwölf Monaten. Planungssicherheit sieht anders aus. Die Befristung sei nicht der Einstieg ins Berufsleben, als den ihn die Arbeitgeber darstellten, da nur 37 Prozent tatsächlich zu längerfristigen Übernahmen führten, so Riexinger.
Auf Nachfrage eines Journalisten räumte der Gewerkschafter ein, dass es auch bei der Linkspartei einige befristete Stellen gebe. Diese seien jedoch »die absolute Ausnahme«, etwa bei Elternzeitvertretungen. Ganz anders die Situation in der Bundestagsfraktion. Hier sind die Verträge der Mitarbeiter in den Abgeordnetenbüros an die Dauer der Legislatur geknüpft. Doch man sei »in der Diskussion«, zumindest für ältere Angestellte eine Lösung zu finden, erklärte Riexinger. Die Sache ist tatsächlich schwierig, da Fraktionsgröße und der Bedarf an Mitarbeitern vom Wahlergebnis abhängen.
Eindeutiger hingegen ist das Problem mit den sachgrundlosen Befristungen, die oft von Arbeitgebern genutzt werden, um etwa die Probezeit für junge Mitarbeiter durch die Hintertür zu verlängern. Riexinger forderte am Montag, die Befristung ohne Sachgrund aus dem entsprechenden Gesetz zu streichen. Die Forderung ist weniger radikal, als sie auf den ersten Blick scheint. Denn erst seit einer »Reform« der damaligen schwarz-gelben Bundesregierung im Jahre 1985 sind sachgrundlose Befristungen erlaubt.