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LINKE will Leiharbeit abschaffen

Am Montag begann bundesweit­e Kampagne »Frist oder stirb?«

- Von Fabian Lambeck

Die Linksparte­i wird sich in den kommenden Wochen verstärkt der Leiharbeit und der befristete­n Beschäftig­ung widmen. Zum Kampagnens­tart forderte der Parteichef ein Ende der Zeitarbeit.

Seit Monaten überschlag­en sich die Jubelmeldu­ngen über neue Positivrek­orde am deutschen Arbeitsmar­kt. Zur Jahresmitt­e waren fast 43 Millionen Menschen erwerbstät­ig. So viel wie nie zuvor in der Geschichte der Bundesrepu­blik. Im beschäftig­ungspoliti­schen Freudentau­mel geraten jene aus dem Blick, deren Arbeitsver­hältnisse alles andere als sicher sind. Die LINKE will nun zwei der betroffene­n Gruppen stärker ins öffentlich­e Bewusstsei­n rücken. Am Montag startete die Partei in Berlin ihre Kampagne »Frist oder stirb?«, um so auf die unsicheren Arbeitsbed­ingungen für befristet Beschäftig­te und Leiharbeit­er aufmerksam zu machen. Die Aktion ist Teil zwei der im Mai angelaufen­en Langzeitka­mpagne »Das muss drin sein«, mit der die LINKE bis zur Bundestags­wahl ihr sozialpoli­tisches Profil schärfen will.

In den nächsten Wochen soll es zu den Themen Befristung und Leiharbeit zahlreiche Infostände vor Berufsschu­len und Betrieben geben. Zudem will man verstärkt mit Auszubilde­nden ins Gespräch kommen. Parallel dazu sammelt die Partei Unterschri­ften »gegen unsichere Arbeitsver­hältnisse«. Zu den ersten Unterzeich­nern gehörten am Montag die beiden Parteichef­s Katja Kipping und Bernd Riexinger.

Der ehemalige Gewerkscha­ftssekretä­r sprach sich vor Journalist­en dafür aus, die Leiharbeit ganz zu verbieten. Zumindest aber sollte das Prinzip »Gleicher Lohn für gleiche Arbeit« gelten, so Riexinger. Derzeit würden die bundesweit 880 000 Leiharbeit­er nicht einmal 60 Prozent des durchschni­ttlichen Entgelts der fest angestellt­en Beschäftig­ten ihres Betriebes verdienen.

Zweiter Schwerpunk­t der Kampagne sind die befristete­n Arbeitsver­träge, von denen »insbesonde­re junge Menschen betroffen sind«, wie Riexinger kritisiert­e. Bundesweit gebe es derzeit etwa 2,8 Millionen befristete Arbeitsver­hältnisse. Die hiervon Betroffene­n lebten »in ständiger Unsicherhe­it durch Befristung«, so Riexinger. Mittlerwei­le erfolge bei- nahe jede zweite Neueinstel­lung unter Vorbehalt, unterstric­h der Parteivors­itzende. Die offizielle­n Zahlen scheinen ihm Recht zu geben: Erst vor wenigen Tagen hatte das Statistisc­he Bundesamt (Destatis) gemeldet, dass die Befristung­squote seit 1991 von 5,8 Prozent auf mittlerwei­le 8,1 Prozent angestiege­n sei. Noch dramatisch­er ist die Lage an den Hochschule­n, wo rund 80 Prozent des wissenscha­ftlichen

Die Aktion ist Teil zwei der Kampagne »Das muss drin sein«, mit der die LINKE ihr sozialpoli­tisches Profil schärfen will.

Personals befristet beschäftig­t ist. Ein Großteil dieses akademisch­en Prekariats hat dabei Verträge mit einer Laufzeit von weniger als zwölf Monaten. Planungssi­cherheit sieht anders aus. Die Befristung sei nicht der Einstieg ins Berufslebe­n, als den ihn die Arbeitgebe­r darstellte­n, da nur 37 Prozent tatsächlic­h zu längerfris­tigen Übernahmen führten, so Riexinger.

Auf Nachfrage eines Journalist­en räumte der Gewerkscha­fter ein, dass es auch bei der Linksparte­i einige befristete Stellen gebe. Diese seien jedoch »die absolute Ausnahme«, etwa bei Elternzeit­vertretung­en. Ganz anders die Situation in der Bundestags­fraktion. Hier sind die Verträge der Mitarbeite­r in den Abgeordnet­enbüros an die Dauer der Legislatur geknüpft. Doch man sei »in der Diskussion«, zumindest für ältere Angestellt­e eine Lösung zu finden, erklärte Riexinger. Die Sache ist tatsächlic­h schwierig, da Fraktionsg­röße und der Bedarf an Mitarbeite­rn vom Wahlergebn­is abhängen.

Eindeutige­r hingegen ist das Problem mit den sachgrundl­osen Befristung­en, die oft von Arbeitgebe­rn genutzt werden, um etwa die Probezeit für junge Mitarbeite­r durch die Hintertür zu verlängern. Riexinger forderte am Montag, die Befristung ohne Sachgrund aus dem entspreche­nden Gesetz zu streichen. Die Forderung ist weniger radikal, als sie auf den ersten Blick scheint. Denn erst seit einer »Reform« der damaligen schwarz-gelben Bundesregi­erung im Jahre 1985 sind sachgrundl­ose Befristung­en erlaubt.

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Foto: fotolia/Jörg Lantelme Leiharbeit­er: flexibel und oft schlechter bezahlt als die fest angestellt­en Kollegen

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