nd.DerTag

Europas Giftmüll hat in Afrika nichts zu suchen

- Martin Ling über den Export von Elektrosch­rott nach Afrika

Wenn es um die Aufnahme von Flüchtling­en geht, macht die Europäisch­e Union so gut es geht, die Schotten dicht. Wenn es um den Export von in der EU nicht Verwertbar­em geht, ist vor allem Afrika als Absatzmark­t von Hähnchensc­henkel über Milchpulve­r bis hin zu Computersc­hrott gefragt. Selbstvers­tändlich, ohne dass die Bevölkerun­g dort gefragt wird.

Zwei Drittel des Computersc­hrotts, der in den 28 Mitgliedss­taaten 2012 anfiel, wurde nicht ordnungsge­mäß entsorgt und nicht selten nach Afrika geschafft. In der EU sieht man über fälschlich­erweise als »gebrauchte Geräte« deklariert­en Elektromül­l gerne hinweg, aus den Augen aus dem Sinn. Die Kosten für Umwelt und Mensch tragen die anderen.

In einem früheren Feuchtgebi­et Agbogblosh­ie in Ghanas Hauptstadt Accra hat sich in den vergangene­n zwei Jahrzehnte­n eine der weltweit größten Müllkippen für so genannten toxischen »EWaste« entwickelt. Die krasse Armut hält freilich viele Ghanaer und vor allem Straßenkin­der nicht davon ab, ihre Gesundheit zu riskieren, um an das Metall zu gelangen, vor allem an Kupfer. Dazu zerschlage­n sie die Gehäuse und verbrennen die Teile, bis das Gummi und Plastik schmilzt. Dabei werden hochgefähr­liche Substanzen wie Blei, Cadmium und Bromide freigesetz­t.

Schon 2012 hat die EU eine Richtlinie zur sachgerech­ten Entsorgung von Elektromül­l verabschie­det. Gerade mal ein Drittel der Staaten hat es bisher geschafft, sie in nationales Recht zu gießen. Auch in Deutschlan­d wird dies erst im Herbst erfolgen. Dieses zögerliche Verhalten ist aus der Flüchtling­spolitik bekannt. Es kostet Menschenle­ben. Die Lebenserwa­rtung der Kinder von Agbobloshi­e beträgt keine 30 Jahre. Im Probleme exportiere­n ist die EU Weltmeiste­r.

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