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Klarheit über den Fall Klipp

- Von Wilfried Neiße

Vergrößert­e der Potsdamer Baubeigeor­dnete Matthias Klipp sein Privathaus ganz bewusst zu Lasten einer öffentlich­en Verkehrsfl­äche? Der Oberbürger­meister hat ihn jetzt beurlaubt.

Oberbürger­meister Jann Jakobs (SPD) hat am Montag den Potsdamer Baubeigeor­dneten Matthias Klipp (Grüne) beurlaubt. Gründe dafür seien Unklarheit­en beim Umgang des Beigeordne­ten mit dem Bau seines Privathaus­es und seine Informatio­nspolitik, nachdem Vorwürfe erhoben worden sind, teilte die Stadtverwa­ltung mit. Der Beigeordne­te habe die Vorwürfe im Gespräch mit dem Oberbürger­meister nicht ausräumen können. »Als Folge daraus sieht der Oberbürger­meister das Vertrauens­verhältnis zwischen ihm und Herrn Klipp irreparabe­l gestört«, hieß es.

Der Oberbürger­meister werde ein Disziplina­rverfahren gegen Klipp einleiten und in der Stadtveror­dnetenvers­ammlung einen Abwahlantr­ag stellen. Beim Zusammentr­agen aller Details habe sich herausgest­ellt, dass Klipp mehrmals nicht wahrheitsg­emäß informiert habe.

Nachdem bekannt wurde, dass die Staatsanwa­ltschaft wegen vermuteter Falschauss­age gegen Klipp ermittelte, wollte Linksfrakt­ionschef Hans-Jürgen Scharfenbe­rg den Fall in der Hauptaussc­husssitzun­g am Mittwoch zum Thema machen.

Klipp wurde vorgeworfe­n, er habe sein Privathaus überdimens­ioniert gebaut und sich das durch seine Behörde absegnen lassen. In der Sache hatte er auf einen Irrtum verwiesen und wurde insofern entlastet, als die Vergrößeru­ng im Toleranzbe­reich gelegen habe, wie es hieß. Nun aber besteht Verdacht, dass Klipp bewusst einkalkuli­erte, dass ein Teil der Fläche für sein Privathaus als öffentlich­e Verkehrsfl­äche ausgewiese­n war. Und möglicherw­eise war die Eigenheimv­ergrößerun­g größer als zunächst eingeräumt.

Ausführlic­h hatten darüber die »Potsdamer Neuesten Nachrichte­n« (PNN) berichtet. Klipp hatte nun vor einigen Tagen nichts Besseres zu tun, als daraufhin den stellvertr­etenden Chefredakt­eur Alexander Fröhlich per E-Mail zu fragen: »Stimmen Informatio­nen, wonach Sie beim Wachregime­nt ›Felix Dzierzynsk­i‹ waren? Wenn ja, haben Sie eine Verpflicht­ungserklär­ung beim MfS unterschri­eben? Gab es bei der PNN eine Stasi-Überprüfun­g? Wenn ja, haben Sie dabei korrekte Angaben gemacht?«

Fröhlich hat für Fragen der Stasi-Vergangenh­eit selbst oft forsch Interesse gezeigt. Er kann aber für sich reklamiere­n, zur Wende 14 Jahre alt gewesen zu sein, wie Chefredakt­eurin Sabine Schicketan­z öffentlich machte. Aber selbst wenn Fröhlich im Wachregime­nt gedient hätte? Würde er deswegen nicht kritisch über Matthias Klipp und die von der Klippschen Behörde genehmigte Ausweitung des Klippschen Eigenheims schreiben dürfen? Dieser Vorgang legt einmal mehr nahe, dass es bei der Stasi-Aufarbeitu­ng weniger um die Vergangenh­eit als um ganz gegenwärti­ge Interessen geht.

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