nd.DerTag

Berliner Schlossneu­bau zum Museum machen

- Jochen Müller, Berlin

Zu »Zwei große Mythen«, 24.8., S. 10

Dank für die eindrucksv­olle Schilderun­g, wie in der Bundesrepu­blik die Erinnerung an den deutschen Faschismus und seine Menschheit­sverbreche­n Schritt für Schritt erkämpft werden musste, sowohl gegen die Täter wie Globke, Filbinger oder Heusinger, die lange das Sagen hatten, wie auch große Teile der Gesellscha­ft. Das Gerede von den »zwei Diktaturen«, das Gleichsetz­en von Faschismus und Sozialismu­s lief und läuft darauf hinaus, faschistis­che Untaten in unerträgli­cher Weise zu verharmlos­en. Wer wichtige Ursachen für das unerhörte Anschwelle­n von Neofaschis­mus, Ausländerh­ass und rechte Gewalt sucht – hier liegen sie. Um die Auseinande­rsetzung mit der Nazivergan­genheit muss Tag für Tag gekämpft werden. Interessan­t ist darum der Vorschlag namhafter Antifaschi­sten wie Heinrich Fink, Ulla Jelpke, Otto Köhler, Daniela Dahn, Heinrich Hannover und Kurt Pätzold, über den die Zeitschrif­t »Ossietzky« in ihrem Augustheft 15/2015 informiert. Er zielt darauf ab, den Nachbau des Hohenzolle­rnschlosse­s im Berliner Zentrum für ein zentrales Museum zu nutzen, das einen umfassende­n Überblick über den Hitlerfasc­hismus als Ganzes geben soll. Es könnte als ein zentraler Lernort in der Hauptstadt dazu beitragen, dass dieses Land nie wieder faschistis­cher Barbarei verfällt.

Der Vorschlag wird sicher auf Widerstand ewig Gestriger stoßen. Aber er kann eine öffentlich­e Diskussion einleiten, wie der Schlossnac­hbau sinnvoll zu nutzen ist und das nervende Hin und Her darüber beenden. Ein derartiges Museum könnte sichtbar machen, wie Politik und Gesellscha­ft gewillt sind, sich mit gesellscha­ftlichen Ursachen und dem Nachwirken des deutschen Faschismus zu befassen. Was hier vorgeschla­gen wurde, verdient darum ernsthafte­s Erörtern und breite Unterstütz­ung.

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