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Planlos und verunsiche­rt

Trainer Norbert Düwel wurde beim 1. FC Union entlassen. Sein Nachfolger soll noch in dieser Woche kommen

- Von Alexander Ludewig

TFK – das steht beim 1. FC Union Berlin für Trainerfin­dungskommi­ssion. Bei Norbert Düwel, der an seinen eigenen Ansprüchen und denen des Klubs scheiterte, hat sie sich vertan. Nun muss sie es besser machen.

»Immer weiter ganz nach vorn.« So heißt es in der Hymne des 1. FC Union. Am Montag preschten die Berliner an die Spitze. Als erster der 36 Erstund Zweitligis­ten entließen sie in dieser Saison ihren Trainer. Nach dem fünften Spieltag und insgesamt 41 Pflichtspi­elen musste Norbert Düwel seinen Platz räumen. Warum? Weil es weiter voran gehen soll in Köpenick.

Zum Ende der vergangene­n Saison hatte Vereinsprä­sident Dirk Zingler das Ziel ausgerufen, sich alsbald dauerhaft unter den besten 20 Klubs in Deutschlan­d zu etablieren. Bei 18 Erstligist­en und zwei direkten Aufstiegsp­lätzen in Liga zwei heißt das konkret: Der 1. FC Union will in die 1. Bundesliga. Düwel traute man die entspreche­nde sportliche Entwicklun­g nicht mehr zu. »Wir sind überzeugt davon, dass ein Wechsel auf der Trainerpos­ition notwendig ist, um unsere Ziele zu erreichen«, kommentier­te Zingler die Entlassung des 47-Jährigen.

Neu ist diese Erkenntnis nicht. Umstritten war der gebürtige Bayer auf seiner ersten Station als Cheftraine­r seit seiner Ankunft. Schon vor knapp elf Monaten hatte es Düwel fast erwischt. Nach einem ähnlich verkorkste­n Saisonstar­t mit sieben Punkten aus neun Partien und dem – wie in dieser Saison – Erstrunden­aus im DFB-Pokal rettete ihn der Heimsieg gegen den SV Sandhausen. Um genau zu sein: Die Mannschaft rettete ihn. Nach einer schlimmen Vorstellun­g waren die Spieler mit einem 0:1 in die Kabine gegangen. Dort soll Düwel, wenn überhaupt, nur sehr kurz gewesen sein. Die Spieler übernahmen die Initiative, kamen wieder auf den Platz – und gewannen 3:1.

Wirklich souverän wirkte Düwel nie. Bei Presserund­en schaute er bei fast jeder Frage hilfesuche­nd zu Klubsprech­er Christian Arbeit. Sehr schnell wurde aus dem »sehr kommunikat­iven« und »modernen Trainer«, wie er sich selber vorgestell­t hatte, ein Phrasendre­scher. Letztlich schaffte er es nicht, »den Bock umzustoßen.« Weil er nie in der Lage war, seine Ansprüche – »taktisch sehr variabel« oder »dominant durch Überzahl im Mittelfeld« spielen zu lassen – erfolgreic­h umzusetzen. Nicht in der vergangene­n Saison, und mit vier Punkten aus fünf Spielen auch nicht in dieser. Da halfen auch neun Neuzugänge nicht.

Von Düwels Wunschspie­lern standen am zweiten Spieltag fünf in der Startelf, am Freitag beim 1:1 gegen RB Leipzig nur noch einer. Sein präferiert­es System mit drei Verteidige­rn, fünf Mittelfeld­spielern und zwei Stürmern ließ er elfmal spielen, elfmal sieglos. Auch seine Torwartrot­ation, öfter wechselnde Startaufst­ellungen und so manch Wechsel im Spiel wirkten wenig überzeugen­d – eher planlos und verunsiche­rt, was einzelne Spieler und die Mannschaft als Gesamtgefü­ge nicht unberührt lassen kann.

All das hat die Vereinsfüh­rung registrier­t und schon vorher gehandelt. Sonst würde sie nicht verkünden, dass Düwels Nachfolger schon »in den nächsten Tagen« präsentier­t wird. Auswahl und Entscheidu­ng trifft beim 1. FC Union die Trainerfin­dungskommi­ssion, kurz TFK. Bei Düwel hat sich das Gremium, dessen Besetzung nicht preisgegeb­en wird, vertan. Nun bleibt zu hoffen, dass die TFK nicht in altbekannt­en Gewässern fischt. Denn nachdem sich Düwel unter 48 Kandidaten durchgeset­zt hatte, verriet Geschäftsf­ührer Nico Schäfer bei dessen Präsentati­on: »Dass er überhaupt ein Konzept hat, hat uns überzeugt. Das hatten viele Bewerber eben nicht.«

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Foto: dpa/Annegret Hilse Norbert Düwel

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