Planlos und verunsichert
Trainer Norbert Düwel wurde beim 1. FC Union entlassen. Sein Nachfolger soll noch in dieser Woche kommen
TFK – das steht beim 1. FC Union Berlin für Trainerfindungskommission. Bei Norbert Düwel, der an seinen eigenen Ansprüchen und denen des Klubs scheiterte, hat sie sich vertan. Nun muss sie es besser machen.
»Immer weiter ganz nach vorn.« So heißt es in der Hymne des 1. FC Union. Am Montag preschten die Berliner an die Spitze. Als erster der 36 Erstund Zweitligisten entließen sie in dieser Saison ihren Trainer. Nach dem fünften Spieltag und insgesamt 41 Pflichtspielen musste Norbert Düwel seinen Platz räumen. Warum? Weil es weiter voran gehen soll in Köpenick.
Zum Ende der vergangenen Saison hatte Vereinspräsident Dirk Zingler das Ziel ausgerufen, sich alsbald dauerhaft unter den besten 20 Klubs in Deutschland zu etablieren. Bei 18 Erstligisten und zwei direkten Aufstiegsplätzen in Liga zwei heißt das konkret: Der 1. FC Union will in die 1. Bundesliga. Düwel traute man die entsprechende sportliche Entwicklung nicht mehr zu. »Wir sind überzeugt davon, dass ein Wechsel auf der Trainerposition notwendig ist, um unsere Ziele zu erreichen«, kommentierte Zingler die Entlassung des 47-Jährigen.
Neu ist diese Erkenntnis nicht. Umstritten war der gebürtige Bayer auf seiner ersten Station als Cheftrainer seit seiner Ankunft. Schon vor knapp elf Monaten hatte es Düwel fast erwischt. Nach einem ähnlich verkorksten Saisonstart mit sieben Punkten aus neun Partien und dem – wie in dieser Saison – Erstrundenaus im DFB-Pokal rettete ihn der Heimsieg gegen den SV Sandhausen. Um genau zu sein: Die Mannschaft rettete ihn. Nach einer schlimmen Vorstellung waren die Spieler mit einem 0:1 in die Kabine gegangen. Dort soll Düwel, wenn überhaupt, nur sehr kurz gewesen sein. Die Spieler übernahmen die Initiative, kamen wieder auf den Platz – und gewannen 3:1.
Wirklich souverän wirkte Düwel nie. Bei Presserunden schaute er bei fast jeder Frage hilfesuchend zu Klubsprecher Christian Arbeit. Sehr schnell wurde aus dem »sehr kommunikativen« und »modernen Trainer«, wie er sich selber vorgestellt hatte, ein Phrasendrescher. Letztlich schaffte er es nicht, »den Bock umzustoßen.« Weil er nie in der Lage war, seine Ansprüche – »taktisch sehr variabel« oder »dominant durch Überzahl im Mittelfeld« spielen zu lassen – erfolgreich umzusetzen. Nicht in der vergangenen Saison, und mit vier Punkten aus fünf Spielen auch nicht in dieser. Da halfen auch neun Neuzugänge nicht.
Von Düwels Wunschspielern standen am zweiten Spieltag fünf in der Startelf, am Freitag beim 1:1 gegen RB Leipzig nur noch einer. Sein präferiertes System mit drei Verteidigern, fünf Mittelfeldspielern und zwei Stürmern ließ er elfmal spielen, elfmal sieglos. Auch seine Torwartrotation, öfter wechselnde Startaufstellungen und so manch Wechsel im Spiel wirkten wenig überzeugend – eher planlos und verunsichert, was einzelne Spieler und die Mannschaft als Gesamtgefüge nicht unberührt lassen kann.
All das hat die Vereinsführung registriert und schon vorher gehandelt. Sonst würde sie nicht verkünden, dass Düwels Nachfolger schon »in den nächsten Tagen« präsentiert wird. Auswahl und Entscheidung trifft beim 1. FC Union die Trainerfindungskommission, kurz TFK. Bei Düwel hat sich das Gremium, dessen Besetzung nicht preisgegeben wird, vertan. Nun bleibt zu hoffen, dass die TFK nicht in altbekannten Gewässern fischt. Denn nachdem sich Düwel unter 48 Kandidaten durchgesetzt hatte, verriet Geschäftsführer Nico Schäfer bei dessen Präsentation: »Dass er überhaupt ein Konzept hat, hat uns überzeugt. Das hatten viele Bewerber eben nicht.«