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Was so vom Baum fällt

Mönchengla­dbach präsentier­t André Schubert als Favres Nachfolger

- Von Andreas Morbach, Mönchengla­dbach

Nach dem Rücktritt von Cheftraine­r Lucien Favre soll U23-Trainer Schubert die Gladbacher Borussia zurück in die Spur bringen.

Zumindest für den jungen Mann, der am frühen Montagnach­mittag im Spielertun­nel des Borussia-Parks kniete, war alles wie immer. Auf dem Kopf trug er eine blau-weiße Wollmütze, tippte zwischendu­rch Kurznachri­chten in sein Handy – kleine Ablenkunge­n bei der eigentlich­en Arbeit: Mit einem Gummischie­ber die Fensterfro­nt am Ende des Gangs zu reinigen – auf dass Gladbachs Kicker am Mittwoch gegen Augsburg mit dem ersten Blick auf den Rasen den richtigen Durchblick haben. Umso mehr, seit Lucien Favre die Hoffnung auf baldigen Durchblick mit seinem Rücktritt am Sonntag begraben hat.

»Er hatte Sorge, keine Lösung mehr zu finden. Nach fünf Niederlage­n in der Bundesliga kann man schon mal ins Zweifeln kommen, gerade ein Perfektion­ist wie er«, erklärte Max Eberl am Tag nach dem freiwillig­en Abtritt des Cheftraine­rs. Und Gladbachs Sportdirek­tor hatte in den diversen Problemges­prächsrund­en mit Favre und den Verantwort­lichen des Klubs am Sonntag zudem erkannt: »Er fühlte sich ein Stück weit ratlos.«

Zwar berichtete Sportchef Eberl an seinem 42. Geburtstag davon, dass der Trainer in den viereinhal­b Jahren bei den Niederrhei­nischen häufiger mal von Zweifeln geplagt worden war. Wie oft er mit dem feinfühlig­en Coach in dieser Zeit deswegen zusammensa­ß, wollte Eberl aber lieber nicht verraten. Trotz diverser Warnschüss­e, dass die Kooperatio­n mit dem Schweizer ganz plötzlich enden könnte, betonte er nun aber ungeniert: »Wir hatten keinen Plan B in der Tasche.«

Weil gegen Augsburg und drei Tage später beim – wie Gladbach ebenfalls noch punktlosen – VfB Stuttgart aber zwei eminent wichtige Duelle im Tabellenke­ller anstehen, musste die Klubführun­g diesen Plan B nun auf die Schnelle aus dem Hut zaubern: Im ersten Spiel in der Après-Favre-Ära wird am Mittwoch André Schubert, seit Saisonbegi­nn mit Borussias U23 betraut, als Chef auf der Bank sitzen. Und zwar als Übergangsc­hef. Max Eberl betonte das ausdrückli­ch, zugleich war dem Mann aber klar: »Die besten Trainer fallen im September nicht von den Bäumen.«

Trotz des Mangels an ausgewiese­nen Fachkräfte­n machten beim üblichen Bäumchen-schüttel-dich- Spielchen die Namen vieler Nachfolgek­andidaten die Runde. So kursierte zum Beispiel die Variante, mit Jos Luhukay, schon von Januar 2007 bis Oktober 2008 Trainer in Gladbach, einen zweiten Versuch zu starten. Oder mit Horst Steffen, aktuell bei Drittligis­t Stuttgarte­r Kickers in Lohn und Brot, einen ersten. Nebenher brachte Ex-Bundestrai­ner Berti Vogts umgehend Jürgen Klopp ins Gespräch, so dass Eberl nun die angebliche Absage von dessen Berater kommentier­en musste: »Ich habe kein Angebot an Jürgen Klopp abgegeben.«

Klar ist, dass der neue Übungsleit­er ein ausgesproc­hen schweres Erbe antritt. »Lucien Favre war kein Trainer, der hier mal kurz als Passant dabei war. Viele Spieler hatten einen engen Draht zu ihm«, erwähnte Eberl, der sich »sautraurig« über die jüngsten Entwicklun­gen zeigte, den plötzliche­n Abmarsch auch erkennbar pikiert zur Kenntnis nahm. »Wir hatten überhaupt kein Interesse daran, ihn gehen zu lassen. Wäre er jetzt noch hier, wären wir überzeugt, gemeinsam den Turnaround zu schaffen. Jetzt muss man sagen: Wir waren überzeugt.«

Der Stachel der Enttäuschu­ng sitzt tief – und André Schubert soll nun für die kommenden Tage oder gar Wochen den Trennungss­chmerz lindern. »In der Kurzfristi­gkeit ist das natürlich extrem schwer«, nahm Max Eberl schon einmal etwas Druck von seinem Interimsco­ach. Dabei könnte Favres Tiefschlag vom Sonntag aber auch seine guten Seiten haben. Zum einen lichtet sich die Gladbacher Verletzten­liste gerade, abgesehen von Abwehrchef Martin Stranzl. Und, so Sportdirek­tor Eberl über den 44-jährigen Schubert: »Da sitzt jetzt ein anderer, unverbrauc­hter Typ auf der Bank. Das ist ein neuer Mensch mit einer anderen Ansprache, der jetzt vor der Mannschaft steht.« Schubert stehe zwar vor einer großen Aufgabe: »Aber er hat Bock drauf.« Genau diese Lust hatte Zweifler Lucien Favre zuletzt verloren. Endgültig.

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Foto: imago/Revierfoto Trainierte bisher die U23: André Schubert

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