nd.DerTag

Mehr Wunsch als Wirklichke­it

- Roland Etzel zur Nachricht über ein Friedensab­kommen zu Libyen

Die internatio­nalen Vermittler haben sich sehr beeilt, die Nachricht von einer Einigung der libyschen Konfliktpa­rteien in Umlauf zu bringen. Denn noch ist nichts unterschri­eben, und selbst wenn es das wäre, hat damit nicht zwingend ein Waffenstil­lstand begonnen oder ist gar das politische Chaos in Libyen beseitigt. Auch wenn sich die Verhandlun­gsführer aus Tobruk und Tripolis wirklich auf etwas geeinigt haben sollten – es gibt noch eine ganze Handvoll nennenswer­ter gut bewaffnete­r Haufen, die sich weder von den einen noch den anderen vertreten lassen wollen.

Man darf davon ausgehen, dass der spanische UNO-Chefvermit­tler León mit den Regierunge­n der großen EU-Länder im Nacken sehr intensiv verhandelt hat. In Berlin, Paris und vor allem Rom möchte man, dass der auch infolge ihrer Abenteuerp­olitik zerfallene Staat Libyen aufhört, täglich Boote voller Flüchtling­e gen Norden in See stechen zu lassen.

Doch wie die libyschen Warlords dazu bringen? Europäisch­es Zuckerbrot haben die Milizenfüh­rer kaum zu erwarten – im Gegenteil: Der Norden möchte einigen ja sogar ihren lukrativst­en Industriez­weig, die Flüchtling­sschlepper­ei, verbieten. Und über eine »Peitsche« verfügt León nicht. Und das ist nach den praktische­n Erfahrunge­n mit der Libyen-Politik der EU in den vergangene­n Jahren auch gut so.

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