Feldmarschall Fonseka will reden
Sri Lankas Ex-Armeechef bereit zur Aussage vor Sondergericht zum blutigen Bürgerkrieg
Sri Lankas Führung will die juristische Aufarbeitung des Endes des blutigen Bürgerkrieges nicht einem internationalen Gericht überlassen, sondern selbst in die Hand nehmen.
In einem Brief ersuchte Sri Lankas Regierung die Vereinten Nationen, die Vorgänge rund um das Ende des fast ein Vierteljahrhundert währenden Bürgerkrieges im Frühjahr 2009 nicht durch einen internationalen Sondergerichtshof aufarbeiten zu lassen. Das wolle das Land selbst vornehmen. Der damalige Armeechef Sarath Fonseka erklärte unterdessen seine Bereitschaft, umfassend auszusagen.
Immer ging es bislang offiziell nur um die »Helden« aus den Reihen der Armee, die Rebellenchef Velupillai Prabhakaran und die komplette Führungsriege der Bewegung »zur Strecke gebracht« und das Land von der Gefahr der auch mit terroristischen Mitteln agierenden Rebellen der Befreiungstiger von Tamil Eelam (LTTE) »befreit« hätten.
Jahrelang weigerte sich Sri Lankas Ex-Präsident Mahinda Rajapaksa hartnäckig anzuerkennen, dass bei der letzten Militäroffensive Tausende den Tod fanden. Ihn interessierte nicht, dass unzählige LTTE-Kader interniert wurden und viele Familien bis heute noch immer nicht wissen, wo ihre Angehörigen geblieben sind. Alles Terroristen, so Rajapaksa, der selbst Kritik der UNO ignorierte oder zurückwies und gute Beziehungen zu vielen Regierungen ruinierte, bis nur noch China als großer Partner übrig blieb. Selbst eine Vororterkundung durch die frühere UN-Hochkommissarin für Menschenrechte Navi Pillay ließ der Präsident nur widerwillig zu. Er nahm Einfluss auf ihre Route und versuchte, Gesprächspartner – wie Ehefrauen vermisster Ex-Rebellen – an einem Treffen mit ihr zu hindern.
Seit seinem Wahlsieg Anfang Januar regiert nun Maithripala Sirisena in der Hauptstadt Colombo. Der neue Präsident versprach, mit den Vereinten Nationen bei der Aufklärung der umstrittenen Geschehnisse zusammenzuarbeiten. Der Bericht, den Pillays Amtsnachfolger als Kommissar für Menschenrechte Zeid Ra’ad alHussein vergangene Woche in Genf vorstellte, war etwas hinausgezögert worden – ein Zugeständnis wegen der Parlamentswahlen in Sri Lanka im August. Die bisherigen Untersuchungsergebnisse lassen die vormalige politische und militärische Spitze des südasiatischen Landes in keinem guten Licht erscheinen. Von ei- nem »schrecklichen Ausmaß an Gewalt und Missbrauch« sprechen der Hochkommissar und die Autoren.
Den Rebellen wird unter anderem Rekrutierung von Kindersoldaten vorgeworfen, sie kommen alles andere als gut weg. Doch die UN-Ermittler haben trotz weiterhin unvollständigen Recherchen auch »genügend belastbare Anhaltspunkte« gefunden, wonach verhaftete Rebellen ermordet wurden. Auch das Bombardement von Krankenhäusern und anderen eindeutig zivilen Einrichtung im damals LTTE-kontrollierten Gebiet durch die Armee und die Internierung von rund 300 000 Binnenflüchtlingen wird zur Sprache gebracht.
Statt des sogenannten hybriden Sondergerichtshofes mit einheimischen wie internationalen Richtern und Anklägern, wie ihn al-Hussein gefordert hat, will Colombo das Verfahren gern selbst führen. Man habe genügend eigene Juristen, die qualifiziert seien. Dank der Reformen in den letzten Monaten verfüge das Land auch über ein Justizwesen, das die Bezeichnung unabhängig verdiene, heißt es in dem Brief zur Begründung. Darüber müssen die Führungen der 47 Mitgliedsnationen des UNHochkommissariats für Menschenrechte nun beraten.
Dass es den UN-Bericht anerkenne und mit der internationalen Gemeinschaft zusammenarbeiten wolle, hatte Colombo betont. Auch der Mann, der damals die zentrale Rolle gespielt hat, ist grundsätzlich aussagebereit. Sarath Fonseka, seinerzeit Armeechef und Kopf der abschließenden Militäroperation gegen die Rebellen, sagte in einem Interview mit der indischen Zeitung The Hindu: »Wenn es Vorwürfe gegen militärische Operationen gibt, stehe ich bereit, jedem gegenüberzustehen und das Bild geradezurücken. Und wo es belastbare Beweise für Vergehen gibt, muss das Recht seinen normalen Lauf nehmen.« Fonseka rief alle Angehörigen der Streitkräfte aus jener Zeit auf, mit Ermittlern und Richtern zusammenzuarbeiten.
Bis Mai 2009 waren Rajapaksa und Fonseka noch als unverbrüchliches Duo aufgetreten. Doch ein Jahr später trat der Ex-Armeechef, als solcher bis Juli 2009 im Amt, als Herausforderer gegen seinen einstigen politischen Befehlsgeber bei der Präsidentschaftswahl an. Nach Rajapaksas Wiederwahl kam Fonseka zeitweise ins Gefängnis, verlor alle seine militärischen Ränge und Ansprüche. Doch rehabilitierte ihn die neue Regierung mit der nachträglichen Ernennung zum Feldmarschall. Auch a.D. wird er sich zu seiner Rolle kritischen Nachfragen stellen müssen.