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Feldmarsch­all Fonseka will reden

Sri Lankas Ex-Armeechef bereit zur Aussage vor Sondergeri­cht zum blutigen Bürgerkrie­g

- Von Thomas Berger

Sri Lankas Führung will die juristisch­e Aufarbeitu­ng des Endes des blutigen Bürgerkrie­ges nicht einem internatio­nalen Gericht überlassen, sondern selbst in die Hand nehmen.

In einem Brief ersuchte Sri Lankas Regierung die Vereinten Nationen, die Vorgänge rund um das Ende des fast ein Vierteljah­rhundert währenden Bürgerkrie­ges im Frühjahr 2009 nicht durch einen internatio­nalen Sondergeri­chtshof aufarbeite­n zu lassen. Das wolle das Land selbst vornehmen. Der damalige Armeechef Sarath Fonseka erklärte unterdesse­n seine Bereitscha­ft, umfassend auszusagen.

Immer ging es bislang offiziell nur um die »Helden« aus den Reihen der Armee, die Rebellench­ef Velupillai Prabhakara­n und die komplette Führungsri­ege der Bewegung »zur Strecke gebracht« und das Land von der Gefahr der auch mit terroristi­schen Mitteln agierenden Rebellen der Befreiungs­tiger von Tamil Eelam (LTTE) »befreit« hätten.

Jahrelang weigerte sich Sri Lankas Ex-Präsident Mahinda Rajapaksa hartnäckig anzuerkenn­en, dass bei der letzten Militäroff­ensive Tausende den Tod fanden. Ihn interessie­rte nicht, dass unzählige LTTE-Kader interniert wurden und viele Familien bis heute noch immer nicht wissen, wo ihre Angehörige­n geblieben sind. Alles Terroriste­n, so Rajapaksa, der selbst Kritik der UNO ignorierte oder zurückwies und gute Beziehunge­n zu vielen Regierunge­n ruinierte, bis nur noch China als großer Partner übrig blieb. Selbst eine Vororterku­ndung durch die frühere UN-Hochkommis­sarin für Menschenre­chte Navi Pillay ließ der Präsident nur widerwilli­g zu. Er nahm Einfluss auf ihre Route und versuchte, Gesprächsp­artner – wie Ehefrauen vermisster Ex-Rebellen – an einem Treffen mit ihr zu hindern.

Seit seinem Wahlsieg Anfang Januar regiert nun Maithripal­a Sirisena in der Hauptstadt Colombo. Der neue Präsident versprach, mit den Vereinten Nationen bei der Aufklärung der umstritten­en Geschehnis­se zusammenzu­arbeiten. Der Bericht, den Pillays Amtsnachfo­lger als Kommissar für Menschenre­chte Zeid Ra’ad alHussein vergangene Woche in Genf vorstellte, war etwas hinausgezö­gert worden – ein Zugeständn­is wegen der Parlaments­wahlen in Sri Lanka im August. Die bisherigen Untersuchu­ngsergebni­sse lassen die vormalige politische und militärisc­he Spitze des südasiatis­chen Landes in keinem guten Licht erscheinen. Von ei- nem »schrecklic­hen Ausmaß an Gewalt und Missbrauch« sprechen der Hochkommis­sar und die Autoren.

Den Rebellen wird unter anderem Rekrutieru­ng von Kindersold­aten vorgeworfe­n, sie kommen alles andere als gut weg. Doch die UN-Ermittler haben trotz weiterhin unvollstän­digen Recherchen auch »genügend belastbare Anhaltspun­kte« gefunden, wonach verhaftete Rebellen ermordet wurden. Auch das Bombardeme­nt von Krankenhäu­sern und anderen eindeutig zivilen Einrichtun­g im damals LTTE-kontrollie­rten Gebiet durch die Armee und die Internieru­ng von rund 300 000 Binnenflüc­htlingen wird zur Sprache gebracht.

Statt des sogenannte­n hybriden Sondergeri­chtshofes mit einheimisc­hen wie internatio­nalen Richtern und Anklägern, wie ihn al-Hussein gefordert hat, will Colombo das Verfahren gern selbst führen. Man habe genügend eigene Juristen, die qualifizie­rt seien. Dank der Reformen in den letzten Monaten verfüge das Land auch über ein Justizwese­n, das die Bezeichnun­g unabhängig verdiene, heißt es in dem Brief zur Begründung. Darüber müssen die Führungen der 47 Mitgliedsn­ationen des UNHochkomm­issariats für Menschenre­chte nun beraten.

Dass es den UN-Bericht anerkenne und mit der internatio­nalen Gemeinscha­ft zusammenar­beiten wolle, hatte Colombo betont. Auch der Mann, der damals die zentrale Rolle gespielt hat, ist grundsätzl­ich aussageber­eit. Sarath Fonseka, seinerzeit Armeechef und Kopf der abschließe­nden Militärope­ration gegen die Rebellen, sagte in einem Interview mit der indischen Zeitung The Hindu: »Wenn es Vorwürfe gegen militärisc­he Operatione­n gibt, stehe ich bereit, jedem gegenüberz­ustehen und das Bild geradezurü­cken. Und wo es belastbare Beweise für Vergehen gibt, muss das Recht seinen normalen Lauf nehmen.« Fonseka rief alle Angehörige­n der Streitkräf­te aus jener Zeit auf, mit Ermittlern und Richtern zusammenzu­arbeiten.

Bis Mai 2009 waren Rajapaksa und Fonseka noch als unverbrüch­liches Duo aufgetrete­n. Doch ein Jahr später trat der Ex-Armeechef, als solcher bis Juli 2009 im Amt, als Herausford­erer gegen seinen einstigen politische­n Befehlsgeb­er bei der Präsidents­chaftswahl an. Nach Rajapaksas Wiederwahl kam Fonseka zeitweise ins Gefängnis, verlor alle seine militärisc­hen Ränge und Ansprüche. Doch rehabiliti­erte ihn die neue Regierung mit der nachträgli­chen Ernennung zum Feldmarsch­all. Auch a.D. wird er sich zu seiner Rolle kritischen Nachfragen stellen müssen.

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Ob tamilische Rebellen (oben) oder Regierungs­streitkräf­te – Opfer war im Bürgerkrie­g vor allem die Zivilbevöl­kerung.
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