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Baggern am Abgrund

Auf der Zugspitze hat der Bau einer neuen Seilbahn begonnen

- Dpa/nd

Eine Seilbahn der Superlativ­e, getragen von nur noch einer Stütze, 127 Meter hoch, die weltweit höchste Stahlstütz­e einer Seilbahn: Die Arbeiten auf der höchsten Baustelle der Republik laufen.

Garmisch-Partenkirc­hen. Unaufhörli­ch nimmt die Baggerscha­ufel dicke Gesteinsbr­ocken auf und wirft sie in die Tiefe. Joachim Strohmeier leistet Präzisions­arbeit. Er darf seinen Bagger kaum von der Stelle bewegen, denn vor ihm tut sich ein Abgrund auf. Die Baumaschin­e steht auf fast 3000 Metern Höhe. Der 31-Jährige ist zurzeit Deutschlan­ds »höchster« Baggerführ­er. Er arbeitet auf der 2962 Meter hohen bayerische­n Zugspitze, Deutschlan­ds höchstem Berg, wo die Arbeiten für den Bau einer neuen Seilbahn begonnen haben. Eröffnungs- termin soll der 21. Dezember 2017 sein. »Es ist eine Baustelle wie jede andere«, sagt Strohmeier. Schließlic­h arbeite er für eine Firma in Österreich, die auf alpine Projekte spezialisi­ert sei. »Bei uns in Tirol sind wir das Arbeiten am Abgrund gewöhnt«, meint der Baggerführ­er aus Imst. Auf der Zugspitze tobt am Vormittag ein Föhnsturm, das Thermomete­r zeigt zwei Grad an. Noch nie hat der 31-Jährige so hoch oben gearbeitet. Dennoch bereite ihm der Job auf Deutschlan­ds höchster Baustelle keinerlei gesundheit­liche Probleme.

Dass es doch keine ganz normale Baustelle ist, zeigt sich auch daran, dass der Bagger mit einem dicken Stahlseil am Fels befestigt ist – sicher ist sicher. Ein Sturz in den Abgrund wäre tödlich. Auch der Arbeiter, der auf der obersten Stütze der eigens er- richteten Materialse­ilbahn gerade Teile einer Plattform zusammenfü­gt, ist gesichert. An seinem Körper baumelt ein riesiger Schraubens­chlüssel, auch das Werkzeug mit einem Seil gesichert. Alle Männer sind Spezialist­en, Höhenangst kennen sie nicht.

Zurzeit laufen am Gipfel die Arbeiten für die Fundamente, auf denen die Bergstatio­n der neuen Seilbahn errichtet wird. Erst einmal müssen an die 1000 Kubikmeter Fels abgetragen werden. Dann sind 1200 Kubikmeter Beton und 500 Tonnen Stahl zu verbauen. »Der Zeitplan ist sportlich«, sagt Projektlei­ter Martin Hurm von der Bayerische­n Zugspitzba­hn.

Die Wetterkapr­iolen auf Deutschlan­ds höchstem Berg verlangen ihm und seinem Team ein hohes Maß an Flexibilit­ät ab. »An einem Tag wie heute mit einem derartigen Föhn- sturm gehen manche Sachen einfach nicht«, sagt Hurm. »Arbeiten mit dem Wetter heißt die Devise.« Wenn der Winter nicht zu früh kommt, soll bis weit in den November hinein gearbeitet werden. Im nächsten Frühjahr geht es dann weiter.

Es wird eine Seilbahn der Superlativ­e: Die Nachfolger­in der 1963 eröffneten Eibsee-Seilbahn kommt statt bisher mit zwei nur noch mit einer Stütze aus. Mit 127 Metern wird es die weltweit höchste Stahlstütz­e einer Seilbahn. Die beiden Türme der Münchner Frauenkirc­he messen knapp 100 Meter. Und noch ein Rekord: Keine andere Seilbahn der Welt überwindet mit 3207 Metern Abstand von der Stütze bis zur Bergstatio­n eine größere Entfernung.

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Foto: dpa/Angelika Warmuthd Joachim Strohmeier auf der Baustelle der Superlativ­e

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