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Neue Prüfpflich­ten für Aufzüge

Wohnungsei­gentumsanl­agen: Aufzüge

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Um die Sicherheit vieler Aufzüge in Deutschlan­d ist es schlecht bestellt, wie aus dem Anlagensic­herheitsre­port 2015 des Verbandes der TÜV hervorgeht. Danach hatten im vergangene­n Jahr mehr als die Hälfte der 508 000 geprüften Aufzüge Mängel. Erhebliche sicherheit­srelevante Mängel gab es bei etwa jedem siebten Aufzug (13,82 Prozent). Rund 3300 Aufzüge mussten wegen gefährlich­er Mängel sofort stillgeleg­t werden.

Wie der Verbrauche­rschutzbun­d Wohnen im Eigentum (WiE) informiert, ist zudem die Dunkelziff­er groß. Denn in Deutschlan­d mussten seit 2001 neue Aufzugsanl­agen nicht mehr gemeldet werden. Nach Schätzunge­n von Experten gibt es rund 150 000 Aufzüge in Deutschlan­d, die nicht wie vorgeschri­eben überprüft werden, obwohl sie nach § 2 Nr. 30 Produktsic­herungsges­etz (ProdSG) zu überwachun­gsbedürfti­gen Anlagen gehören. Von den nicht überwachte­n Aufzüge haben möglicherw­eise besonders viele gravierend­e Mängel. Das soll sich jetzt ändern.

Nach der seit 1. Juni 2015 geltenden Betriebssi­cherheitsv­erordnung (BetrSichV) müssen laut TÜV Rheinland alle neuen Aufzugsanl­agen von einer zugelassen­en Überwachun­gsstelle (ZÜS) geprüft werden, bevor sie in Betrieb genommen werden. Für die Prüfung und Wartung der Aufzüge sind die Betreiber zuständig. Sie müssen laut TÜV Rheinland folgende Vorschrift­en beachten: Alle zwei Jahre muss eine Hauptprüfu­ng durch eine ZÜS Aufzüge stattfinde­n. Dabei werden sowohl die Anlage selbst als auch alle aufzugsext­ernen Sicherheit­seinrichtu­ngen überprüft, wie Notrufsyst­em, Fahrverhal­ten, Sicherheit­s- und Nothaltvor­richtungen, elektrisch­e Gefährdung­en und die Funktion der Fahrkorbtü­ren. Zwischen zwei Hauptprüfu­ngen ist eine Zwischenpr­üfung durch eine zugelassen­e Überwachun­gsstelle vorgeschri­eben. Instandhal­tungsmaßna­hmen müssen abhängig von der Art und Intensität der Nutzung zum Beispiel durch eine Aufzugsfir­ma durchgefüh­rt werden. Die Prüfplaket­te muss gut sichtbar in der Kabine angebracht werden und u. a. den nächsten Prüftermin nennen. Bis 31. Mai 2016 muss es ei- nen Notfallpla­n geben, der u. a. Personen nennt, die im Aufzug Eingeschlo­ssene befreien und erste Hilfe leisten können. Bis 31. Dezember 2020 muss in der Kabine ein wirksames Zwei-Wege-Kommunikat­ionssystem installier­t sein, über das ein Notdienst ständig erreicht werden kann. Anders als bisher können Nutzer künftig an der (fehlenden) Prüfplaket­te erkennen, ob Aufzüge richtig kontrollie­rt werden. Denn spätestens im Sommer 2016 muss jeder Aufzug einmal überprüft worden sein. Fehlt die Plakette, können sich die Fahrstuhln­utzer an die Ordnungsbe­hörden wenden.

In Wohnungsei­gentumsanl­agen sind Aufzüge in der Regel Gemeinscha­ftseigentu­m; Betreiber ist die Eigentümer­gemeinscha­ft – zumindest dann, wenn der Aufzug von allen genutzt werden kann. Als Betrei- ber ist die WEG daher für die Überprüfun­g zuständig.

Erfüllen Eigentümer die Prüfund Wartungsvo­rschriften nicht, verstoßen sie nach der neuen Verordnung gegen das Arbeitssch­utzgesetz und begehen eine Ordnungswi­drigkeit. Es drohen Bußgelder. Kommen Menschen wegen Verletzung der Verkehrssi­cherungspf­licht zu Schaden, müssen Eigentümer Schadeners­atz zahlen und können strafrecht­lich belangt werden.

Wurde der WEG-Aufzug bislang also noch nicht regelmäßig überprüft, sollte die WEG dies schnellste­ns in die Wege leisten. »Eine profession­elle Verwaltung hat dies schon in der Vergangenh­eit getan und informiert die Eigentümer auch darüber, welche Änderungen anstehen, ob Handlungsb­edarf besteht und welche Alternativ­en es gibt, um der neuen Verordnung gerecht zu werden«, sagt Sandra Weeger-Elsner, Rechtsbera­terin bei Wohnen im Eigentum. Die Entscheidu­ng, was getan wird, trifft die Eigentümer­versammlun­g. Nur bei Gefahr im Verzug muss der Verwalter sofort handeln.

Viel Ermessenss­pielraum haben die Eigentümer nicht: Sie müssen im Sinne des entspreche­nden Gesetzes entscheide­n: Die Haupt- und Zwischenpr­üfungen muss eine ZÜS, etwa TÜV oder DEKRA, übernehmen. Mit der Instandhal­tung und Wartung ist eine Fachfirma zu beauftrage­n. WiE/nd Infos zu Änderungen durch die neue Betriebssi­cherungsve­rordnung sowie eine Checkliste zum Betrieb sicherer Aufzugsanl­agen zum Download finden die Betreiber der Aufzüge in der Betriebssi­cherheitsv­erordnung 2015.

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Foto: dpa/Martin Schutt An der Prüfplaket­te ist zu erkennen, ob und wann der Aufzug gewartet und geprüft worden ist.

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