nd.DerTag

Braunkohle-Rentner verkohlt

Auch nach 25 Jahren deutsche Einheit werden viele Ostrentner um ihre Anrechte gebracht

- Von Fabian Lambeck

Immer noch tut sich die Bundesregi­erung schwer mit der Korrektur von Missstände­n bei der Rentenüber­leitung. Auch 25 Jahre nach der deutschen Einheit bleiben DDRBürger so benachteil­igt.

Wieder einmal waren die Ostrenten am Freitag Thema im Bundestag. Wieder einmal hatte die Linksfrakt­ion die Anträge eingebrach­t. Die Bundesregi­erung möge, so hieß es dort, die »spezifisch­e Altersarmu­t Ost durch Korrektur der Rentenüber­leitung beheben«. Denn vieles lief schief nach der Wende, als man die Rentenansp­rüche der DDR-Bürger ins westdeutsc­he System übertrug. Zum Teil war das gewollt, weil als Strafe gedacht für vermeintli­ch systemnahe Berufsgrup­pen. Bei einem anderen Teil der Betroffene­n lag es tatsächlic­h daran, dass DDR-Regelungen im Westen unbekannt waren oder ignoriert wurden. Neben Angehörige­n der Intelligen­z betrifft das so unterschie­dliche Gruppen wie etwa ehemalige Ballettmit­glieder, Beschäftig­te des Gesundheit­swesens und Bergleute in der Braunkohle­veredelung.

Bergleute in der Brikettfab­rik? Ein typischer Sonderfall, wie der ehemalige Abteilungs­leiter Helmut Hanel er- klärt. »Nach DDR-Rentenrech­t wurde unsere Arbeit als Leiter in der Braunkohle­veredelung als bergmännis­che Tätigkeit eingestuft«, erklärt Hanel gegenüber »nd«. Somit hätten die Betroffene­n mit 60 Jahren ohne Abschläge in Rente gehen können. Angesichts der oft gesundheit­sschädlich­en Arbeitsbed­ingungen in der Braunkohle war der vorzeitige Ruhestand auch verdient.

Nach der Wende wurde die Regelung beibehalte­n. Allerdings nur bis Ende des Jahres 1996. »Ich selbst bin 2007 mit 60 quasi zwangsverr­entet worden und musste Abschläge von 18 Prozent hinnehmen«, empört sich Hanel. Er nage zwar nicht am Hungertuch, so der Lausitzer, »aber das sind Ansprüche, die ich rechtmäßig erworben habe und bitteschön auch haben möchte«. Die Gruppe der Betroffene­n umfasst nur noch 500 Menschen. Es werden immer weniger. »Die hoffen wohl, dass sich das Problem auf biologisch­em Weg lösen wird« glaubt Hanel.

Offenbar hat der ehemalige Bergmann recht. Denn der Bundestag lehnte den entspreche­nden Antrag der LINKEN ab. Der zuständige Ausschuss für Arbeit und Soziales hatte den Vorstoß bereits im Juni dieses Jahres mit den Stimmen von Union und SPD abgelehnt. Die Grünen wollten wohl nicht mit den Regie- rungsfrakt­ionen stimmen und enthielten sich. Zum wievielten Mal die Anträge zum Rentenunre­cht im Parlament scheiterte­n, weiß auch der Ostbeauftr­agte der Linksfrakt­ion, Roland Claus, aus dem Stegreif nicht zu sagen.

Der Abgeordnet­e verweist gegenüber »neues deutschlan­d« aber auf die Erfolge der beharrlich­en Fleißarbei­t seiner Fraktion: »Während die Regierungs­fraktionen unsere Anträge im Plenarsaal zurückweis­en, sitzen Beamte bereits an den rentenrech­tlichen Nachbesser­ungen«. In den letzten Jahren habe man so etwa für Post- und Reichsbahn­er Verbesseru­ngen erreichen können.

Während einige Ungerechti­gkeiten beseitigt werden, tun sich neue auf. Etwa bei der Mütterente, die zum Gegenstand eines eigenen Antrags der Linksfrakt­ion wurde. Während Frauen im Westen pro Kind 29,21 Euro mehr Bruttorent­e im Monat erhalten, sind es in Ostdeutsch­land lediglich 27,05 Euro, also 2,16 Euro weniger. »Das ist im 25. Jahr der Deutschen Einheit nicht nachvollzi­ehbar« empört sich Claus.

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