Braunkohle-Rentner verkohlt
Auch nach 25 Jahren deutsche Einheit werden viele Ostrentner um ihre Anrechte gebracht
Immer noch tut sich die Bundesregierung schwer mit der Korrektur von Missständen bei der Rentenüberleitung. Auch 25 Jahre nach der deutschen Einheit bleiben DDRBürger so benachteiligt.
Wieder einmal waren die Ostrenten am Freitag Thema im Bundestag. Wieder einmal hatte die Linksfraktion die Anträge eingebracht. Die Bundesregierung möge, so hieß es dort, die »spezifische Altersarmut Ost durch Korrektur der Rentenüberleitung beheben«. Denn vieles lief schief nach der Wende, als man die Rentenansprüche der DDR-Bürger ins westdeutsche System übertrug. Zum Teil war das gewollt, weil als Strafe gedacht für vermeintlich systemnahe Berufsgruppen. Bei einem anderen Teil der Betroffenen lag es tatsächlich daran, dass DDR-Regelungen im Westen unbekannt waren oder ignoriert wurden. Neben Angehörigen der Intelligenz betrifft das so unterschiedliche Gruppen wie etwa ehemalige Ballettmitglieder, Beschäftigte des Gesundheitswesens und Bergleute in der Braunkohleveredelung.
Bergleute in der Brikettfabrik? Ein typischer Sonderfall, wie der ehemalige Abteilungsleiter Helmut Hanel er- klärt. »Nach DDR-Rentenrecht wurde unsere Arbeit als Leiter in der Braunkohleveredelung als bergmännische Tätigkeit eingestuft«, erklärt Hanel gegenüber »nd«. Somit hätten die Betroffenen mit 60 Jahren ohne Abschläge in Rente gehen können. Angesichts der oft gesundheitsschädlichen Arbeitsbedingungen in der Braunkohle war der vorzeitige Ruhestand auch verdient.
Nach der Wende wurde die Regelung beibehalten. Allerdings nur bis Ende des Jahres 1996. »Ich selbst bin 2007 mit 60 quasi zwangsverrentet worden und musste Abschläge von 18 Prozent hinnehmen«, empört sich Hanel. Er nage zwar nicht am Hungertuch, so der Lausitzer, »aber das sind Ansprüche, die ich rechtmäßig erworben habe und bitteschön auch haben möchte«. Die Gruppe der Betroffenen umfasst nur noch 500 Menschen. Es werden immer weniger. »Die hoffen wohl, dass sich das Problem auf biologischem Weg lösen wird« glaubt Hanel.
Offenbar hat der ehemalige Bergmann recht. Denn der Bundestag lehnte den entsprechenden Antrag der LINKEN ab. Der zuständige Ausschuss für Arbeit und Soziales hatte den Vorstoß bereits im Juni dieses Jahres mit den Stimmen von Union und SPD abgelehnt. Die Grünen wollten wohl nicht mit den Regie- rungsfraktionen stimmen und enthielten sich. Zum wievielten Mal die Anträge zum Rentenunrecht im Parlament scheiterten, weiß auch der Ostbeauftragte der Linksfraktion, Roland Claus, aus dem Stegreif nicht zu sagen.
Der Abgeordnete verweist gegenüber »neues deutschland« aber auf die Erfolge der beharrlichen Fleißarbeit seiner Fraktion: »Während die Regierungsfraktionen unsere Anträge im Plenarsaal zurückweisen, sitzen Beamte bereits an den rentenrechtlichen Nachbesserungen«. In den letzten Jahren habe man so etwa für Post- und Reichsbahner Verbesserungen erreichen können.
Während einige Ungerechtigkeiten beseitigt werden, tun sich neue auf. Etwa bei der Mütterente, die zum Gegenstand eines eigenen Antrags der Linksfraktion wurde. Während Frauen im Westen pro Kind 29,21 Euro mehr Bruttorente im Monat erhalten, sind es in Ostdeutschland lediglich 27,05 Euro, also 2,16 Euro weniger. »Das ist im 25. Jahr der Deutschen Einheit nicht nachvollziehbar« empört sich Claus.