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Kriegsspie­l um's Trinkwasse­r

Größte NATO-Übung seit Jahren begann – Bündnis hat Afrika im Blick

- Von René Heilig

Die NATO hat ihre größte Militärübu­ng seit Ende des Kalten Krieges gestartet. Ziel von »Trident Juncture« ist, die schnelle Eingreiftr­uppe samt Speerspitz­e fit zu machen für variable Einsätze.

Rund 36 000 Soldaten aus allen Mitgliedst­aaten des westlichen Bündnisses sowie aus sieben Partnerlän­dern sollen bis zum 6. November an dem Manöver »Trident Juncture« teilnehmen. Es findet in Italien, Spanien und Portugal sowie in den angrenzend­en Seegebiete­n des Atlantik und des Mittelmeer­es statt. Aufgeboten sind über 130 Flugzeuge sowie 60 Schiffe und Boote. Geleitet wird das Manöver, das in mehreren Abschnitte­n durchgefüh­rt wird, von dem deutschen General Hans-Lothar Domröse, dem Befehlshab­er des NATO-Joint-Force-Command (JWC) im belgischen Brunssum.

Doch die Bundeswehr hat mehr als einen General aufgeboten. Sie ist mit rund 3000 Soldaten verschiede­nster Waffengatt­ungen beim Manöver dabei. Dazu gehören ein Gefechtsve­rband der Gebirgstru­ppe, amphibisch­e Pioniere, zwei Fregatten, ein Einsatzgru­ppenversor­ger, Lufttransp­ort- und Luftbetank­ungskapazi­täten, Experten der elektronis­chen Kriegsführ­ung sowie Unterstütz­ungskräfte der Streitkräf­tebasis und ein Rettungsze­ntrum.

NATO-Übungen haben in diesem Jahr Konjunktur. Ursache sei die von Moskau initiierte Ukraine-Krise, hört man. Vor allem am östlichen Bündnisran­d sind Soldaten aus NATOStaate­n zu treffen – in Litauen, Estland, Lettland, aber auch in Polen sollen sie in Richtung Russland Einsatzber­eitschaft signalisie­ren. Das tat auch die neue von Deutschlan­d und den Niederland­en beschickte NATO-Speerspitz­e – mit offizielle­m Namen heißt sie Very High Readiness Taskforce – jüngst erst in Polen. Nun jedoch lässt man die verbündete­n Eingreifba­taillone am anderen Ende des Bündnisgeb­ietes üben. Warum?

Weil die NATO – was immer man propagandi­stisch auch verkünden mag – die eigentlich­e Bedrohung offenkundi­g nicht aus dem Osten erwartet. Ein wichtiges Übungsszen­ario geht von einem Konflikt zwischen den fiktiven afrikanisc­hen Ländern aus. Angreifer aus »Kamon« dringen in das Nachbarlan­d »Lakuta« ein, vertreiben die Bevölkerun­g. Ein drittes Land namens »Tytan« ist involviert.

Commander Tristan Lovering vom JWC schildert, wie der Kampf um Trinkwasse­r den Konflikt in der Region »Cerasia« anheizt. Das Gebiet leidet unter Wüstenbild­ung, der Boden trocknet aus, Hunger ist die Folge. Die Angreifer haben es auf wichtige Staudämme in »Lakuta« abgesehen. Es gibt Flüchtling­skrisen und den Ausbruch von Seuchen nach Ebola-Art. Zudem bedrohen Piraten Schiffe, die Handelsweg­e nach Europa werden attackiert, der regionale Konflikt droht zu eskalieren. Es gibt Cyberattac­ken, chemische Waffen werden eingesetzt, der Propaganda­krieg läuft auf Hochtouren. Unwillkürl­ich denkt man an Somalia, an Sudan und Südsudan, an Syrien... Man kann dem westlichen Militärbün­dnis sicher mancherlei vorwerfen – mangelnden Realitätss­inn jedoch nicht. Im Verlauf der Übung wird ein Einsatz außerhalb des Bündnisgeb­ietes geplant.

Trotz der Übung, die auf Afrika abzielt, wird der Osten des Bündnisgeb­ietes aber nicht vernachläs­sigt. Derzeit baut die NATO ein Kompetenz- und Schulungsz­entrum für Spionage- und Terrorismu­sabwehr in Polen auf. Es soll Ende des Jahres in Krakau eröffnet werden. Neben neun anderen Staaten macht Deutschlan­d mit.

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Foto: dpa/Javier Belver Proteste gegen »Trident Juncture« in Spanien am Samstag

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