Neuankömmlinge in Schönefeld begrüßt
Berlin eröffnet neue Unterkunft auf dem Messegelände / Polizei ermittelt nach Explosion vor Flüchtlingshotel
Am Feiertagswochenende kamen erneut Sonderzüge mit Vertriebenen und Flüchtlingen in Schönefeld an. Nach Medienberichten will der Senat am Dienstag über ein Unterbringungskonzept verhandeln.
Nach einer Explosion eines »pyrotechnischen« Gegenstandes vor einem Hotel in Marzahn, in dem auch rund 40 Flüchtlinge leben, ermittelt die Polizei in alle Richtungen. Das bestätigte eine Polizeisprecherin dem »neuen deutschland« am Sonntag. Durch die Explosion war der verglaste Eingangsbereich des Hotels in der Nacht zu Sonnabend schwer in Mitleidenschaft gezogen worden. Ob es einen fremdenfeindlichen Hintergrund der Tat gibt, war unklar. »Möglicherweise gab es privatrechtliche Streitigkeiten«, sagte die Sprecherin.
Übers Wochenende suchten erneut Hunderte Menschen vornehmlich aus dem Nahen Osten Schutz. Sonderzüge aus Salzburg und Passau brachten die Menschen nach Schönefeld, wo Mitarbeiter des Landesamtes für Gesundheit und Soziales (LAGeSo), Dolmetscher, Rettungssanitäter und die Polizei sie in Empfang nahmen. Anschließend wurden die Menschen auf Notunterkünfte in der Hauptstadtregion verteilt. Nach Angaben der Verwaltung von Sozialsenator Mario Czaja (CDU) kamen in den ersten neuen Monaten dieses Jahres insgesamt 29 218 Asylsuchende nach Berlin. Für Sonntagabend wurden weitere Busse mit Flüchtlingen erwartet. Eine neue Unterkunft für Flüchtlinge war bereits am vergangenen Donnerstagabend in einer Messehalle eröffnet worden.
Um die nötigen Unterkunftsmöglichkeiten für die ankommenden Menschen zu schaffen, plant der Senat nach einem Bericht der »Berliner Morgenpost«, das Programm für Wohnungen in Leichtbauweise massiv aufzustocken. In den kommenden Jahren sollen dem Blatt zufolge annähernd 24 000 weitere Unterkünfte unter anderem an 60 Standorten in modularer Leichtbauweise geschaf- fen werden. Hinzu kommt die Ertüchtigung von Gebäuden aus dem Immobilienbestand des Landes und des Bundes. Dies würde rund 600 Millionen Euro kosten. Am Dienstag soll das Konzept, das von Finanzsenator Matthias Kollatz-Ahnen (SPD) stammt, in der Senatssitzung besprochen werden.
Dass Berlin trotz aller Sorgen aus der Bevölkerung in der Lage ist, die Menschen aufzunehmen, bekräftigte am Wochenende der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) bei einem Besuch in der tschechischen Hauptstadt Prag. »Was ich aber eben auch spüre, ist, dass der Grundtenor sehr positiv ist, und dass man helfen will«, sagte Müller. Der Regierende verwies in diesem Zusammenhang auch auf eine neue Umfrage der »Berliner Zeitung« vom vergangenen Freitag, aus der hervorgeht, dass 54 Prozent der Berliner meinen, dass die ankommenden Flüchtlinge zu verkraften seien.
Damit die Unterbringung besser funktioniert, bedarf es nicht nur Wohnraum, sondern auch einer besseren Betreuung. Von den derzeit bis zu 1000 täglich neu ankommenden Flüchtlingen in Berlin seien rund 50 Prozent durch Kriegs-, Folter- und Fluchterfahrung traumatisiert, sagte die Geschäftsführerin und Ärztliche Leiterin des Behandlungszentrums für Folteropfer (bzfo), Mercedes Hillen am vergangenen Freitag. Spezialisierte psychosoziale Zentren für Flüchtlinge und Folteropfer wie das bzfo hätten ihre Kapazitätsgrenzen längst überschritten, so Hillen.
Hilfe können derweil auch immer mehr ehrenamtliche Helfer brauchen, die nach Wochen des Ausnahmezustandes bei der Flüchtlingsunterbringung inzwischen ebenfalls erschöpft sind.