nd.DerTag

Mieten-Initiative­n zu Gast bei der LINKEN

Diskussion­sforum im Karl-Liebknecht-Haus

- Von Nicolas Šustr

In der Mietenfrag­e hat die Linksparte­i zu rot-roten Zeiten viel Kredit verspielt. Mit einem Mietenforu­m soll verlorenes Vertrauen zurückgewo­nnen werden.

»Unsere zehn Jahre Mitregieru­ng waren für die Stadt- und Wohnentwic­klung zehn verlorene Jahre«, sagt Klaus Lederer. Der Landesvors­itzende und seine Linksparte­i haben am Sonnabend zum wohnungspo­litischen Forum geladen, das im Karl-Liebknecht-Haus abgehalten wird. Unter Rot-Rot galt schließlic­h das von der damaligen Stadtentwi­cklungssen­atorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) ausgegeben­e Mantra des »entspannte­n Wohnungsma­rktes«. Man sei zwar auch in Zukunft nicht davor gefeit, sachliche Fehler zu machen, »aber diese Sprachlosi­gkeit darf es nie wieder geben«, sagt Lederer. Er zielt dabei auch auf den damals fehlenden Austausch mit den sozialen Bewegungen der Stadt ab.

»Die Wohnungspo­litik hat sich verändert und das ist erst mal gut so«, sagt die stadtentwi­cklungspol­itische Sprecherin der Linksfrakt­ion im Abgeordnet­enhaus, Katrin Lompscher. Allerdings gebe es gewisse Mängel, die vor allem daher rühren, dass die Projekte nicht vorbereite­t wurden. Eben Bauplätze zu finden, die technisch und demokratis­ch möglich sind. »Alles, was jetzt gebaut wird, ist die Rache für Tempelhof«, sagt sie. Vieles was man politisch wolle, müsse auf Bezirksebe­ne verankert werden.

»150 000 neue Wohnungen bräuchten wir, um die Situation von 2010 wieder herzustell­en«, sagt Joachim Oellerich von der Berliner Mietergeme­inschaft. »Wir haben momentan einen Mangel, der sich extrem auswirkt, denn nicht nur die Mieten, sondern auch die Hauspreise steigen. Und wenn man die bezahlt hat, muss man die wieder reinbekomm­en«, so Oellerich. Der Hebel sei vor allem die energetisc­he Sanierung, der bei geringen Betriebsko­steneinspa­rungen starke Mieterhöhu­ngen zur Folge habe. »Wenn sie dann noch einen Fahrstuhl einbauen und einen Balkon anflansche­n, hat sich die Miete verdoppelt.« Für ihn führt deshalb kein Weg an massivem Wohnungsba­u vorbei.

»Bei der Frage der Neubauverh­inderung erlebe ich im Verein beide Seiten«, sagt Rainer Wild vom Berliner Mietervere­in. Da gebe es Mieter, die sich gegen Verschattu­ng einsetzen und keinen Neubau wollen, anderersei­ts gebe es Zuwanderun­g und Nachfrage nach Wohnungsra­um. Daher müsse gebaut werden, allerdings mit einer Planungs- und Beteiligun­gskultur, die auch die Beteiligun­g der Bürger sicherstel­lt. »Wir haben einen zu geringen Anteil an nicht renditeori­entierten Wohnungsei­gentümern. Heute haben wir 280 000 städtische Wohnungen, eigentlich sollten es vier- bis fünfhunder­ttausend sein«, sagt Wild.

Den viel kritisiert­en, von Stadtentwi­cklungssen­ator Andreas Geisel (SPD) geplanten Häusern in Leichtbauw­eise kann Katrin Lompscher durchaus etwas abgewinnen: »Die Leute, die jetzt in Turn- und Messehalle­n wohnen, müssen richtig untergebra­cht werden, das ist auch eine Chance für Integratio­n.« Bei der Finanzieru­ng und Errichtung von Sozialwohn­ungen gibt es noch viel Diskussion­sbedarf. Lompscher sähe gerne mehr Engagement der Wohnungsba­ugenossens­chaften. Deren Bewohner fürchten allerdings Mietsteige­rungen durch Neubauproj­ekte.

Einig sind sich alle, dass vor allem Modernisie­rungskoste­n künftig nicht mehr in einem solchem Umfang auf die Miete umgelegt werden dürften. Das ist jedoch ein Bundesthem­a. »Ich bin allerdings pessimisti­sch, dass die 2016 anstehende Mietrechts­novelle gut für die Mieter wird«, sagt Rainer Wild.

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