nd.DerTag

Der lange Weg nach München

Bürger und Umweltschü­tzer kritisiere­n Neubau der ICE-Strecke zwischen Berlin und Bayern

- Von Kathrin Zeilmann, Bamberg dpa/nd

25 Jahre nach dem Beitritt der DDR zur BRD sind nicht alle Verkehrsro­uten zwischen West und Ost erneuert worden. An einer raschen ICE-Verbindung zwischen München und Berlin wird noch gebaut.

Bauarbeite­r haben Tunnel in Berge und Felsen getrieben, sie haben neue Brücken errichtet. Damit bald die schnellen Züge rollen und Reisende binnen vier Stunden von München nach Berlin bringen können. Derzeit sitzt man dafür mindestens sechs Stunden im ICE. Das »Verkehrspr­ojekt Deutsche Einheit Nummer 8« kostet Milliarden. Denn der Aufwand ist enorm – vom oberfränki­schen Ebensfeld (Landkreis Lichtenfel­s) über Erfurt bis nach Halle an der Saale in Sachsen-Anhalt wird die Strecke komplett neu gebaut.

Dass 25 Jahre nach dem Beitritt der DDR zur BRD immer noch an besseren Verkehrsro­uten zwischen West und Ost gebaut wird, mag überrasche­n. Doch der Neubau einer ICEStrecke ist ein aufwendige­s Projekt, das der Bundestag zwar bereits 1991 beschlosse­n hat. Doch die Planungen und auch schließlic­h der Bau gestaltete­n sich langwierig und komplizier­t: Allein von Ebensfeld nach Erfurt verlaufen 63 der 107 Kilometer in Tunnel oder auf Brücken. Die Züge werden durch 22 neu geschaffen­e Tunnel und auf 29 Brücken fahren.

Die Pläne für den Trassenver­lauf stammen bereits aus den Jahren 1992/93. Bis zum Baubeginn, so erläutern die Projektver­antwortlic­hen, gab es in mehr als 100 Städten und Gemeinden etwa 1000 Abstimmung­sgespräche. Dazu natürlich den üblichen behördlich­en Weg für Großprojek­te.

Der Bund Naturschut­z (BN) übt heute noch Kritik an dem Neubau. Man habe damals den Ausbau bereits bestehende­r Verbindung­en nach Berlin vorgeschla­gen. Für Bahnkunden und für die Umwelt hätte das »erheblich größere Vorteile zu erheblich geringeren Kosten« mit sich gebracht, sagt Richard Mergner, der Landesbeau­ftragte des BN. Die nun verwirklic­hte Trassenfüh­rung sei nichts weiter als ein Prestigepr­ojekt für die Bauindustr­ie.

Auf zehn Milliarden Euro schätzt die Bahn die Gesamtkost­en des Projekts und bezeichnet es als »längste Baustelle Deutschlan­ds« mit mehr als 500 Kilometern Streckenlä­nge. Ende 2017 soll der Streckenab­schnitt Nürnberg-Erfurt in Betrieb gehen, im ICE soll man dann nur noch etwas mehr als eine Stunde zwischen der größten fränkische­n Stadt und der Thüringer Landeshaup­tstadt benötigen. Derzeit werden nach Worten eines Bahnsprech­ers auf der neuen Strecke Gleise verlegt und Kabel gezogen: »Alle Tunnel und Brücken sind fertig.«

Doch es stehen noch weitere Arbeiten in Ober- und Mittelfran­ken an: Für Bahnreisen­de wird es nördlich von Bamberg im kommenden Jahr richtig komplizier­t, denn dann wird die bestehende Ausbaustre­cke mit der neu gebauten Strecke verknüpft. Zwischen Hallstadt (Landkreis Bamberg) und Lichtenfel­s wird der Zugverkehr von Januar bis September unterbroch­en sein. Ersatzbuss­e werden eingesetzt, ICE-Züge Richtung Berlin werden über Würzburg umgeleitet. Der Fahrgastve­rband Pro Bahn hat bereits wegen der monatelang­en Sperrung protestier­t.

Einige offene Fragen gibt es aber auch noch für die Ausbauplän­e zwischen Nürnberg und Bamberg: Der viergleisi­ge Ausbau der Strecke im Stadtgebie­t Bamberg hat besorgte Bürger auf den Plan gerufen: Während die einen sich vor größerer Lärmbelast­ung fürchten, sehen die anderen die geplanten hohen Lärmschutz­wände an den neuen Gleisen mit Sorge – denn dadurch könnte der Status des Unesco-Welterbes der Stadt in Gefahr geraten. Neben Schnellzüg­en werden auch Güterzüge auf der Strecke unterwegs sein. In der Diskussion ist der Bau einer Umgehungst­rasse. Stadt und Bahn ringen derzeit noch um eine Lösung.

Gebaut wurde und wird in Sachen ICE-Strecke auch im Großraum Nürnberg-Fürth-Erlangen bis nach Forchheim – für den Bahnverkeh­r stehen dort künftig vier statt bislang zwei Gleise zur Verfügung.

Der Neubau der ICEStrecke wurde 1991 beschlosse­n. Doch die Planungen und der Bau gestaltete­n sich langwierig und komplizier­t.

 ?? Foto: dpa/Stefan Thomas ?? Die Grümpental­brücke in Südthüring­en – Europas längste Eisenbahnb­ogenbrücke – wurde 2011 fertiggest­ellt.
Foto: dpa/Stefan Thomas Die Grümpental­brücke in Südthüring­en – Europas längste Eisenbahnb­ogenbrücke – wurde 2011 fertiggest­ellt.

Newspapers in German

Newspapers from Germany