Kaum Bilder der Bestätigung
»Intersonanzen«: Das Philharmonische Orchester des Staatstheaters Cottbus mit zwölf Uraufführungen in Potsdams »Fabrik«
Und das alles zum »Tag der Deutschen Einheit«. Welche Ehre, aus diesem Anlass für eine Orchester-Uraufführung nominiert worden zu sein. Reden wurden vorweg gehalten, eine sehr erfreuliche des Festivalleiters Michael Schenk, der Bilanz zog über 15 Jahre »Intersonanzen«. Dann Musik. Bilder der Bestätigung boten die meisten Stücke wie auch die Rede Schenks glücklicherweise nicht.
Kompositorischen Tiefstand signalisierte jedoch Bodo Bärwinkels »KARA im Lutkiland«, was immer das heißen mag, »Aufbruch« und »Vorhang auf«. Was ging da auf? Eine Saat? Wind derer, die den Sturm ernteten? Das Stück, hingebungsvoll dirigiert von Evan Christ, der alle zwölf Partituren durchpinselte, um es salopp zu sagen, ist geradezu eine Antigegenwartsmusik mit greinenden Hörnern, schmierigen Streichern und von entsetzlicher Schunkelseligkeit.
Der Abend schien deswegen keineswegs verdorben. Albert Breiers »Blick auf die schwebende Stadt« widmet sich Gewölken und zeichnet mehr Schatten als Licht. Das Stück ist mehrdeutig. Ist das eingemauerte Westberlin gemeint? Oder das freie Ostberlin, nach Osten hin offen? Oder beide Teile? Dunkel tönend gestopfte Bläser, düstere Bässe, sodann helles Holz, das in orchestrale Aufwallungen mündet, am Ende ein In-sich-zurück-Ziehen mit kaum vernehmbaren Streicherflageoletts und gestrichenen Beckenklängen. Gewiss etwas, dass die Fünfundzwanzig-Jahr-Feier nicht verdient gehabt hätte.
Nach Ralf Hoyers »pocket symphonie«, die über teils flächige, teils radikal dissonante Tuttis mit Luftgeräuschen schließt – alle Fragen sind offen – des Ungarn Peter Koeszegys »BrD GmBH« für großes Orchester. Raffiniert verwebt es die beiden deutschen Hymnen, im hohen Holz die DDR-Hymne, im grummelnden Blech die der BRD. Plötzlich fahren die punktierten Noten der US-Hymne drein, die gehen nicht so kaputt wie bei Jimi Hendrix, aber scheinen deutlich genug lädiert. »BrD GmBH« schließt mit lang anhaltendem schwärzestem Grollen des Orchesters. Eine den Jetzt-Verhältnissen aufs Klarste entsprechende Wortmeldung.
Gesprungen sei zu Hermann Kellers Vorspiel für Orchester, »Zerreißet die unsichtbaren Ketten!«, die beste Komposition des Abends. Nicht weil sie hochpolitisch ist, das auch, sondern weil sie einfach hervorragend komponiert ist. Keller, kämpferischer Radikalpazifist, setzt das alte »dona nobis pacem« zuerst subtil in die Streicher, um es alsbald mit spitzestem Blech in die Ohren sauen zu lassen, so dass jeder begreifen darf, dass die-
»BrD GmBH« für großes Orchester – raffiniert verwebt es die beiden deutschen Hymnen, im hohen Holz die DDRHymne, im grummelnden Blech die der BRD.