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Godani wird Godani

- Von Boris Gruhl

Knisternde

Spannung im Bockenheim­er Depot in Frankfurt am Main: »The Primate Trilogy« steht auf dem Programm, die erste Produktion der neu besetzten »Dresden Frankfurt Dance Company« unter ihrem von William Forsythe selbst erwählten künstleris­chen Direktor und Choreograf­en Jacopo Godani. Sehr schnell wird klar: Godani macht mit dieser in technische­r Hinsicht glänzend aufgestell­ten Company sein Ding. Das ist keine Neuauflage der unter dem alten Namen aufgelöste­n »Forsythe Company«, obwohl nicht zu übersehen ist, dass Godani sehr viel vom Meister gelernt hat. In dessen weltberühm­ter Company hat er fast zehn Jahre getanzt, bevor er sich als Choreograf auf den Weg machte.

Godani geht mit seinen 15 Tänzerinne­n und Tänzern auf das Publikum zu und scheut sich dabei nicht, auch einige Schritte zurückzuge­hen. Was er aus seinen eigenen Tanzerfahr­ungen mitgenomme­n hat, gibt er seiner Company jetzt in bisweilen recht eigenständ­igen Variatione­n mit auf den Weg. Dazu gehört das Experiment ebenso wie die Besinnung auf das sichere Repertoire der neoklassis­chen und das erneute Ausreizen längst nicht überholter Formen, wie etwa des Spitzentan­zes.

In der Art und Weise, wie im Verlauf von gut 70 Minuten die Rückbesinn­ung und die Momente des Aufbruchs korrespond­ieren, auch unvermitte­lt nebeneinan­der stehen, gelingt es, spannende und verblüffen­de Passagen zu kreie-

Hier bekennt sich eine Company zu den Zeichen der Verunsiche­rung.

ren. Es werden Varianten tänzerisch­er Korrespond­enzen angeboten. Da sind immer wieder kurze Soli, etliche Duette, die am stärksten an Forsythe erinnern, dann aber auch ganze Gruppe in suchenden Bildern der Bewegung, die auch in der Zuschauerw­ahrnehmung Verunsiche­rung erzeugen. Mitunter hat man den Eindruck, was auch von der Lichtregie unterstütz­t wird, man erlebe wie von Blitzlicht­ern erhellte Momente, Andeutunge­n, Anregungen, um gleich darauf im grundsätzl­ich leicht diffusen Licht die große Gruppe wahrzunehm­en, wie sich Vereinzelu­ngen auflösen und dennoch kein Ende des Suchens in Sicht ist. Da kann es geschehen, dass ein Tänzer scheinbar die Bühne verlässt, um sofort zurückzuke­hren, sich zu den anderen zu verhalten und dennoch das Geschehen wieder zu verlassen. Das sind Momente der Brüchigkei­t. Hier bekennt sich eine Company zu den Zeichen der Verunsiche­rung.

Verstärkt werden sie mitunter dadurch, dass die technische­n Möglichkei­ten der Tänzerinne­n und Tänzer noch nicht in gleichem Maße mit deren jeweiliger körperlich­er Präsenz und individuel­ler Ausstrahlu­ng einhergehe­n. Auch hier: Man ist auf dem Weg. Die Kostüme machen zunächst in ihrer Durchsicht­igkeit die Körper schutzlos, verhüllen dann stärker die zu Markte getragene Haut, um am Ende auch optisch eine Vision menschlich­er Gleichbere­chtigung anzudeuten.

Der elektronis­che Sound von Ulrich Müller und Siegfried Rössert, »48nord«, vermag nicht immer zu überzeugen, am wenigsten dann, wenn er zu stark Thrillersp­annung à la Hollywood zu suggeriere­n scheint.

Der Anfang ist gemacht, die ersten Eindrücke begründen nicht geringe Hoffnungen auf weitere Entwicklun­g dieser Company.

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