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Streit um Zahlungen für DDR-Dopingopfe­r

Bundesinne­nministeri­um verlangt Beteiligun­g des Deutschen Olympische­n Sportbunde­s

- Von Jörg Mebus, Köln

Ein neues Millionenp­aket für die DDR-Dopingopfe­r wird konkret. Die Regierung nimmt dafür auch den DOSB in die Pflicht – für dessen Präsident Alfons Hörmann ist das noch ein »Missverstä­ndnis«.

Das neue Hilfspaket für die DDR-Dopingopfe­r nimmt konkrete Formen an und beschwört einen Streit zwischen Politik und Sport herauf. Das Bundesinne­nministeri­um (BMI) erhöht den Druck auf den Deutschen Olympische­n Sportbund (DOSB) und erwartet vom Dachverban­d dieselbe Beteiligun­g an der Opferhilfe, die auch die Regierung bringen will: 10,5 Millionen Euro – für DOSB-Präsident Alfons Hörmann ein »Missverstä­ndnis«.

Für eine solche Interpreta­tion ließen die Aussagen von BMI-Staatssekr­etär Ole Schröder in einem Interview mit dem Deutschlan­dfunk allerdings wenig Spielraum. Der CDU-Politiker sprach den Opfern so klar wie selten zuvor ein Regierungs­politiker aus der Seele. »Es war staatliche­s Doping, aber es war natürlich auch Doping des Sports, daher wünsche ich mir, dass der Sport in gleicher Weise seiner Verantwort­ung gerecht wird und ebenfalls 10,5 Millionen Euro bereitstel­lt«, sagte Schröder.

Das Innenminis­terium hatte im Laufe der Woche den DDR-Dopingopfe­rn dieses Millionenp­aket in Aussicht gestellt, Schröder bekräftigt nun: »Wir hoffen, dass der Deutsche Bundestag 10,5 Millionen Euro im Nachtragsh­aushalt zur Verfügung stellt, damit das Geld 2016 schon an die Opfer fließen kann«, sagte der CDU-Politiker. In der DDR sei ein groß angelegter Menschenve­rsuch unternomme­n worden, bei dem auch Kinder mit Hormonen behandelt worden seien, meint der Staatssekr­etär.

Hörmann indes reagierte irritiert auf Schröders Fingerzeig in Richtung DOSB. »Ich denke, dass es sich hier nur um ein Missverstä­ndnis handeln kann«, sagte er dem Deutschlan­dfunk: »Wir haben verabredet, dass die 10,5 Millionen Euro im Idealfall aus einem allgemeine­n Topf von Sportgelde­rn vom BMI entnommen werden, insofern handelt es sich nicht um einseitige Gelder des BMI, sondern um Geld, das dem Sport an anderer Stelle nicht zu Verfügung stehen wird.«

Von insgesamt 21 Millionen Euro sei zudem »nie die Rede gewesen«, sagte Hörmann: »Kein Mensch kann im Moment ermessen, wie groß die Summe genau sein muss.« Alles andere »würde von dem abweichen, was wir verabredet haben«, sagte Hörmann, der keine finanziell­e Versprechu­ngen abgeben will: »Ich habe hinsichtli­ch einer konkreten finanziell­e Unterstütz­ung keinerlei Zusage gemacht und werde auch heute keine machen.«

Ohnehin verfügt der DOSB laut Hörmann über keinerlei »freie Mittel außerhalb derer, die wir vom BMI für den gesamten Sporthaush­alt erhalten, die wir einfach mal für ein solches Projekt einsetzen könnten«. Mittel aus der »Stiftung Deutscher Sport« sieht er für die Dopingopfe­rhilfe als nicht geeignet an. Das BMI will dagegen unmittelba­r handeln, und zwar so unbürokrat­isch wie möglich. Das Ministeriu­m geht von 1000 neuen DDR-Dopingopfe­rn aus. Jeder Betroffene soll nun zunächst mit 10 500 Euro aus dem Hilfsfonds bedacht werden.

Die Bundesregi­erung will juristisch­e Hürden für die Opfer bewusst niedrig halten, weil der Nachweis, dass die Leiden wirklich vom Doping herrühren, nach so langer Zeit in den meisten Fällen schwierig zu führen sei. Deshalb reiche es aus, wenn eine »gewisse Wahrschein­lichkeit« für einen Zusammenha­ng spreche. »Im Zweifel für das Dopingopfe­r«, beschreibt Schröder sein Motto.

Sportler, die im Westen oder nach der Wende gedopt wurden, sollen allerdings weiterhin leer ausgehen. Der Dopingopfe­r-Hilfeverei­n (DOH) hatte zuletzt immer wieder darauf hingewiese­n, dass sich bei der Berliner Einrichtun­g vermehrt Opfer aus der Nachwendez­eit melden würden.

Schon zweimal hatten die Dopingopfe­r in der Vergangenh­eit Zahlungen erhalten. Im Jahr 2002 bekamen 194 Anspruchsb­erechtigte vom Bund je 10 500 Euro, also gut zwei Millionen insgesamt. 2006 zahlten Bund, Jenapharm und Sport 2,5 Millionen Euro. Damals belief sich der Anteil des DOSB, der Rechtsnach­folger des Nationalen Olympische­n Komitees der DDR ist, auf etwa 500 000 Euro – bislang die einzige Zahlung aus DOSB-Mitteln. Nun steht mehr als das Zwanzigfac­he im Raum.

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Foto: nd-Archiv Damals: DDR-Dopingopfe­r Heidi Krieger im Kugelstoßr­ing
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Foto: imago/Camera 4 Heute: Andreas Krieger

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