Tödliche Politik einer Führungsmacht
Weltweit sind nach den Angaben der Vereinten Nationen fast 60 Millionen Menschen auf der Flucht vor Krieg, Vertreibung, politischer Verfolgung, unerträglicher Armut und den verheerenden Folgen des Klimawandels. Bei allen diesen Fluchtursachen spielt die Politik des »Westens«, angeführt von den USA, die herausragend negative Rolle.
Zu den vier Ländern mit dem höchsten »Kriegsstatus« zählen Syrien, Afghanistan und Irak (das vierte ist der von ethnischen Konflikten zerrissene Süd-Sudan). In allen drei Ländern haben die USA militärisch eingegriffen, um von ihnen abgelehnte politische Regimes zu stürzen und auszutauschen. In Afghanistan begann der Angriff 2001, in Irak 2003. In Syrien sorgen sie seit 2010 für die militärische Aufrüstung der Anti-Assad-Kräfte und damit zu einem bis heute anhaltenden Bürgerkrieg. Afghanistan und Irak sind durch die US-Interventionen zu zerstörten Gesellschaften, zu »failed states« geworden. In Syrien führt der Bürgerkrieg zu »ökonomischer Verwüstung und zum Zusammenbruch der sozialen Vorsorge« (SIPRI-Jahrbuch 2015).
Alle drei Länder sind zentrale Ausgangsorte der Fluchtbewegungen. In Irak sind zweieinhalb Millionen auf der Flucht, in Syrien über die Hälfte der 22 Millionen Einwohner. Von den zwölf Millionen, die ihr Zuhause verloren haben, sind vier Millionen aus dem Land geflohen. Die Syrer, die jetzt voller Bangen und Zuversicht »Mama Merkel« rufen, sind Opfer der Regime-Wechsel-Strategie, die von den USA mit Unterstützung der Merkel-Regierung betrieben wird.
Washington ist bislang die entscheidende Kraft, dass der Krieg in Syrien auf höchster Stufe fortgesetzt wird. Zwar soll nun offiziell der Isla- mische Staat (IS) bekämpft werden, den man bisher durch die Angriffe auf das Assad-Regime begünstigt hat. Die USA wollen eine eigene Rebellentruppe aufbauen, die gegen den IS vorgehen soll. Gleichzeitig aber werden die Kräfte gegen die Assad-Regierung verstärkt. In der Türkei bildet Washington jährlich 5400 Kämpfer aus, die dann nach Syrien geschickt werden. Doch geben Conrad Schuhler ist Vorsitzender des Instituts für sozial-ökologische Wirtschaftsforschung. von den USA trainierte »Rebellen« Militärgerät weiter an die »NusraFront«, eine Qaida-nahe Truppe. Auch wurde bei Twitter gemeldet, dass US-trainierte Kämpfer direkt zu Nusra übergelaufen sind. Es ist ebenfalls zu überprüfen, ob die von den USA, Großbritannien, Frankreich und der Türkei geflogenen Luftangriffe sich tatsächlich auf Gebiete des IS beschränken. Jedenfalls sorgen sie für eine weitere gründliche Verwüstung des Landes.
Mit ihrem Festhalten am Regimewechsel in Syrien haben die USA und ihre Verbündeten bisher alle Bemühungen zur Beendigung des Krieges zunichte gemacht. Bislang galt das Stereotyp »Vor jeder Verhandlung muss erst mal Assad verschwinden!«. Dies war im höchsten Maß unrealis- tisch, denn zwar kontrolliert die Assad-Regierung nur die Hälfte des Landes, doch leben in diesen Regionen 80 Prozent der Bevölkerung. Zudem hat Assad die Unterstützung Russlands und Irans. Jeder Versuch, ohne die Assad-Gruppe den Krieg in Syrien zu beenden, ist zum Scheitern verurteilt. Das lag durchaus im Kalkül des Westens. Jetzt erweist sich der IS, eine aus dem Irak-Nachlass der USA hervorgegangene Terroristenorganisation, als die auch für den Westen größere Gefahr. Daher das Umdenken in der Frage »Verhandeln mit oder ohne Assad?«.
Dies wird allerdings das Flüchtlingsproblem nicht beseitigen. Solange der »Westen« seine Ausbeutungs- und Unterdrückungspolitik nicht nur im Nahen Osten, sondern überall um den Globus beibehält, wird er die Fluchtursachen weiter verschärfen. Ein Drittel der Menschheit muss mit zwei Dollar am Tag und weniger auskommen. Über 840 Millionen Menschen sind dem Hungertod nahe. Dies sind direkte Folgen eines vom großen Kapital dirigierten globalen Regimes. Wenn die CO2Vergiftung der Umwelt und die davon ausgelöste Erderwärmung weiter anhält, werden in den nächsten 30 Jahren laut Greenpeace 200 Millionen Menschen aus ihrer Heimat fliehen. Allein dadurch würden sich die internationalen Flüchtlingsströme mehr als verdreifachen. Da das globale Kapital Ressourcen, Märkte und Transportwege kontrollieren will und dabei den Einsatz von Militär intensiviert, werden weltweit nicht zuletzt terroristische Gegenkräfte mobilisiert, wie es sich in den islamistischen Gruppen in Asien und Afrika zeigt. Die Hauptursache für die globalen Flüchtlingsströme liegt also im globalen Kapitalismus mit seiner Führungsmacht USA.