»Die Schwarze Null als Erkenntnisbremse«
DGB fordert klare Voraussetzungen zur Integration von Geflüchteten in den Arbeitsmarkt
Flüchtlinge dürfen keine Beschäftigten zweiter Klasse werden. Der DGB fordert effiziente Strukturen, Geld und Personal bei der Erfassung oder Bildung. Die Gewerkschaften müssen »Haltung zeigen«.
Die Bundesregierung »darf das Klima des Willkommens nicht kaputtreden!«, sagte Reiner Hoffmann am Dienstag in Berlin. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) und sein Vorsitzender rufen dazu auf, in der Unterstützung für Flüchtlinge nicht nachzulassen. Nötig sei »praktische Unterfütterung«, und da stehe die Politik in einer großen Verantwortung.
Die EU-Mitgliedstaaten müssten, »Flüchtlinge als europäische Aufgabe« begreifen, sagte Hoffmann weiter. »Wir brauchen auch eine Diskussion über die Fluchtursachen«, sagte Hoffmann weiter. »Gucken Sie auf die unhaltbaren Zustände in den Herkunftsländern vieler Flüchtlinge.« Das-Boot-ist-voll-Diskussionen oder Diskussionen um »Grenzen hoch« werde es aber mit europäischen Gewerkschaften nicht geben.
Zur Integration gehört nach Ansicht der Gewerkschaft zwingend die Integration in den Arbeitsmarkt. »Jede Arbeitnehmerin und jeder Arbeitnehmer haben das Recht auf gute Arbeit, mit gleichen Löhnen für gleiche Arbeit.« Ausnahmen für Flüchtlinge beim Mindestlohn, bei Praktika oder bei der Qualifizierung seien mit den Gewerkschaften nicht zu machen, sagte DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach. Wichtig seien ein schneller Spracherwerb, zügige Anerkennung von Abschlüssen sowie ein unkomplizierter Zugang zum Arbeitsmarkt. Doch schon bei der Sprachförderung hapere es, kritisierte Buntenbach. Zwar bietet die Bundesagentur für Arbeit Kurse für bis zu 100 000 Flüchtlinge an – aber nur, wenn die Kurse 2015 beginnen.
Konkret heißt das, es fehlt Geld, eine Menge Geld, aber »die Schwarze Null wirkte da wieder als Erkenntnisbremse«, sagte Buntenbach. Sie meint damit den von Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) angestrebten ausgeglichenen Bundeshaushalt ohne jegliche Neuverschuldung. »Man muss aber jetzt investieren, um Verwerfungen in der Zukunft zu vermeiden.«
Beispielsweise in Bremen gaben die Volkshochschule und der Paritätische Wohlfahrtsverband kürzlich bekannt, dass aufgrund von Mittelkürzungen seit 2014 nur »de facto eine Handvoll Plätze« in berufsbezogenen Deutschkursen zur Verfügung stünden. Für Ende 2015 sei mit Wartezeiten von bis zu einem Jahr zu rechnen, weil die Kapazitäten von Integrationssprachkursanbietern »nicht den aktuellen Gegebenheiten angepasst sind«.
Ein anderes Problem sei die langsame Anerkennung von bereits erzielten Abschlüssen. »Wenn ein Mechatroniker erst mal als Packer arbeiten muss und eine Ärztin als Putzfrau, dann haben wir verloren.«
Mögliche Änderungen an den neuerlichen Asylrechtsverschärfungen, die in der nächsten Woche vom Bundestag und Bundesrat verabschiedet werden, müsse man »realistisch betrachten«, sagte Reiner Hoffmann. Angesichts des strammen Zeitplanes sei da wohl nichts mehr zu machen. Der Gesetzentwurf sieht eine Ausweitung der Liste sogenannter sicherer Drittstaaten, eine Einschränkung sozialer Leistungen für Flüchtlinge und deren erleichterte Abschiebung vor. Aber man werde sich weiter bemühen und auf Änderungen drängen sagte Hoffmann. Die Gesellschaft dürfe in ihren Bemühungen nicht nachlassen und müsse »Haltung zeigen«.