Studium nach der Flucht
Unis in Sachsen-Anhalt wollen »Tore öffnen«
Werbung brauchte es nicht: Als die Hochschule Magdeburg-Stendal im August ihre Ideen zu Studienangeboten für Flüchtlinge publizierte, meldeten sich über 50 Interessenten: junge Menschen aus Syrien und Afghanistan, Iran und Eritrea. Viele hatten vor der Flucht aus ihrer Heimat schon ein Studium begonnen. »Manche haben schon den Bachelor«, sagt Rektorin Anne Lequy, und vor allem die syrischen Bewerber sprechen »teils sehr gutes Fachenglisch«.
Sachsen-Anhalt ermöglicht diesen Flüchtlingen den Zugang zum Studium. Bereits im Mai erließ das Wissenschaftsministerium einen Erlass, wonach die Studieneignung auch mittels eines Tests nachgewiesen werden kann, wenn entsprechende Papiere fehlen. Es handelt sich um eine Prüfung, die fünf Stunden dauert, in vier Fachrichtungen angeboten wird und äußerst anspruchsvoll sei, wie Lequy versichert: »50 Prozent der Interessenten haben es nicht geschafft.« Wer erfolgreich war, muss eine zweite Hürde überwinden: Die Studienanfänger müssen Sprachkenntnisse auf dem sehr ambitionierten Niveau C1 oder besser nachweisen, »fast wie Muttersprachler«, sagt Lequy. Derzeit hat ihre Hochschule 15 Flüchtlinge in solche Kurse geschickt. Im Wintersemester 2016/17 könnten sie ein reguläres Studium aufnehmen.
Die sechs übrigen Hochschulen und Unis im Land wollen dem Beispiel folgen. »Wir sehen uns in der Pflicht, Tore zu öffnen«, sagt Armin Willingmann, Präsident der Rektorenkonferenz. Er betont, dass die Einrichtungen eigentlich ausgelastet seien: »Wir versuchen nicht, freie Plätze zu füllen.« Allerdings wollten diese ihren Beitrag zu den Integrationsbemühungen in Sachsen-Anhalt leisten. Die Landesregierung stellt dafür bis 2018 insgesamt 4,7 Millionen Euro zur Verfügung, sagt der Wissenschaftsminister Hartmut Möllring (CDU). Davon werden Zugangstests und Sprachkurse bezahlt, außerdem Stellen für Betreuer – und Stipendien: Mindestens während der Zeit in den Sprachkursen haben Flüchtlinge keinen Anspruch auf BAföG. Nach Angaben Willingmanns reicht das Geld für bis zu 600 Flüchtlinge. Wie groß das Interesse tatsächlich ist, bleibt zunächst unklar.
Sowohl Hochschulvertreter als auch das Ministerium betonen, dass keine Vorzugsregelungen für Zuwanderer geschaffen würden. »Wir verschenken nichts«, sagt Lequy. Allerdings wolle man den Studienzugang »unbürokratisch ebnen, auch ohne entsprechende Papiere«. Eine Konkurrenz um Studienplätze mit deutschen Abiturienten oder EU-Bürgern gebe es nicht, betont Willingmann. Zum einen hätten sich die Flüchtlinge in Magdeburg-Stendal vor allem für naturwissenschaftliche Fächer interessiert, wo die Nachfrage oft geringer ist als das Angebot. In Fächern mit Zugangsschranken wiederum gibt es ohnehin bereits eine Quote von acht Prozent für ausländische Bewerber.