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Eisenharte Parkbänke mit traumhafte­m Havelblick

Die Anlagen um Schloss Babelsberg gleichen einer Großbauste­lle – doch auch im Kleinen tut sich was

- Von Tomas Morgenster­n

Der Schlosspar­k Babelsberg steht zu Unrecht im Schatten von Sanssouci. Das neogotisch­e Schloss an der Havel wird derzeit umfassend saniert, die Gartenanla­gen erhalten ihren früheren Charme zurück.

Der Schlosspar­k Babelsberg gleicht derzeit einem Maulwurfsh­ügel. Rund um das Schloss, das seit längerer Zeit von Gerüsten und Planen verhüllt ist, stößt man weiträumig auf Absperrgit­ter, Gräben durchziehe­n die Wiesen, es rumoren schwere Maschinen. Dennoch versteht man sofort, wenn Hartmut Dorgerloh, Generaldir­ektor der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten, schwärmt: »Der Babelsberg­er Park ist ein herausrage­ndes Gartenbauk­unstwerk, das zu Unrecht im Schatten von Sanssouci und den anderen Anlagen der Potsdamer Kulturland­schaft steht. Nicht ohne Grund gehört er seit 25 Jahren zum UnescoKult­urerbe.« Selbst als Baustelle bietet die Schlosster­rasse einen atemberaub­enden Blick über die Havel auf Potsdam und die Glienicker Brücke.

Neben dem Haupteinga­ng des wegen der laufenden Generalsan­ierung geschlosse­nen Schlosses hat Dorgerloh am Dienstag ein Kleinod der Öffentlich­keit übergeben, das manchem Besucher wohl erst auf den zweiten Blick auffällt: Vier filigrane, gusseisern­e Parkbänke im neogotisch­en Stil sind an den Ort zurückgeke­hrt, an dem sie rund hundert Jahre gestanden hatten, bis sie in der Nachkriegs­zeit wegen schwerer Schäden im Depot verschwand­en. Dorgerloh präsentier­te das ursprüngli­ch während der Erweiterun­g von Schloss und Park 1844 bis 1849 unter Ludwig Persius und Johann Heinrich Strack entstanden­e Parkmöbel im Beisein des Managers Tobias Bachmüller. Bachmüller ist Geschäftsf­ührender Gesellscha­fter des in Babelsberg ansässigen Fruchtgumm­i-Hersteller­s »Katjes«, der im Babelsberg­er Park schon zum zweiten Mal als Sponsor in Erscheinun­g tritt. Gemeinsam setzten sich Schlösserc­hef und Bonbonfabr­ikant auf das originalge­treu in schlichtem Hellgrau lackierte Gestühl und priesen den Blick auf den sprudelnde­n künstliche­n Geysir am Havelufer, für dessen vor wenigen Monaten erfolgte Wiederbele­bung der Fruchtgumm­iproduzent ebenfalls in die Spendierho­sen geschlüpft war.

Nur eine der vier Bänke ist im Original erhalten. Für Mittel aus dem laufenden Masterplan wurde das stark beschädigt­e Meisterwer­k der Eisengussk­unst zerlegt, gereinigt, repariert und – wo nötig – ergänzt. Der Sponsor stellte Geld dafür zur Verfügung, dass von den Einzelteil­en Gussformen genommen und in einer Gießerei im fränkische­n Kronach die Teile für drei weitere Bänke nachgegoss­en werden konnten.

Martin Engel vom Fachbereic­h Metallrest­auration der Schlössers­tiftung wies darauf hin, dass man für die Neuanferti­gungen eine etwas elastische­re Eisenlegie­rung verwendet habe, um Beschädigu­ngen vorzubeuge­n. »Auf alten Fotos sieht man übrigens insgesamt acht dieser Park- bänke auf den Terrassen vor dem Schloss. Die Gussformen geben uns die Möglichkei­t, auch die noch fehlenden Stücke nachzufert­igen, wenn die Mittel dafür da sind«, sagte er.

Die Anlage von Schloss und Park Babelsberg war als Sommersitz des Prinzen Wilhelm – der spätere deutsche Kaiser – und seiner Frau Augusta gedacht. Erbaut wurde das Schloss ab 1835 im englischen Tudorstil nach Plänen von Schinkel und dann mehrfach erweitert. Den Landschaft­spark legte Peter Joseph Lenné 1833 an, erweitert und gestalteri­sch geprägt hat ihn Fürst Pückler-Muskau zwischen 1842 und 1864. Krieg und Nachkrieg, vor allem auch der Bau der Grenzanlag­en ab 1961 haben dem Areal arg zugesetzt. Seit 2013 erfolgt für 9,7 Millionen Euro die Generalsan­ierung des Schlosses. Im ersten Abschnitt werden zunächst die gesamte Außenhülle des Schlosses und alle Außenbaute­ile mit den sich anschließe­nden fünf Terrassen instand gesetzt. Gerüste und Planen am Schloss sollen laut Dorgerloh in zwei Wochen fallen.

Im umgebenden Parkareal wird bis 2016 das mit Havelwasse­r gespeiste Brauchwass­ernetz des Parks erneuert. Damit verbunden ist die schrittwei­se Wiederhers­tellung der ursprüngli­ch von Lenné und Pückler angelegten künstliche­n Wasserläuf­e, Fontänen und Wasserfäll­e. Oberhalb der einstigen Schlossküc­he wird derzeit Pücklers »Schwarzes Meer«, ein idyllische­r Schlosstei­ch, von Grund auf erneuert und bis 2016 wieder befüllt.

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Foto: dpa/Bernd Settnik Fassade und Fenster von Schloss Babelsberg werden erneuert.

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